Milizionäre besetzen Kongolesische Stadt: Als die „Kata Katanga“ sich ergaben

Ausgerechnet im bestorganisierten Teil Kongos besetzten Milizionäre die Hauptstadt – und ergaben sich kurz darauf. Jetzt rätselt das Land über die „Kata Katanga“.

Vertritt die „Kata Katanga“ die Interessen der verarmten Mehrheitsbevölkerung in der Provinz? (Archivbild) Bild: dpa

KINSHASA/BERLIN taz | Es war ein spektakulärer Coup: Rund 250 Angehörige einer irregulären Miliz marschierten am Samstag, 23. März, in Katangas Hauptstadt Lubumbashi ein, ohne zunächst auf Widerstand zu stoßen. Ausgerüstet mit der rot-grün-weißen Flagge des unabhängigen Katanga von 1960, marschierten die eher zerlumpt auftretenden Kämpfer der „Kata Katanga“ bis ins Stadtzentrum, hissten dort ihre Flagge und lieferten sich schließlich schwere Kämpfe mit Militärs.

Nach UN-Schätzungen forderten die Gefechte 35 Tote, nach amtlichen kongolesischen Angaben 23. Bilder zeigen Leichen mit Kopfschüssen auf Lubumbashis Straßen. Am Ende drangen die „Kata Katanga“ in die UN-Basis der Stadt ein und ergaben sich. 245 Milizionäre, davon 77 Kinder, wurden in Kongos Hauptstadt Kinshasa transferiert.

Nun rätselt ganz Kongo, wie das passieren konnte und wer genau sich hinter den „Kata Katanga“ verbirgt. Katanga ist Kongos reichste Provinz, wo ganz andere Ordnung herrscht als beispielsweise im Ostkongo. Es ist im straff organisierten Bergbaugürtel Katangas kaum vorstellbar, dass niemand dem Anmarsch der Miliz grünes Licht gab.

Elf lokale zivilgesellschaftliche Organisationen erheben jetzt in einem Bericht, der der taz vorliegt, schwere Vorwürfe gegen zwei alte aus Katanga stammende Freunde des kongolesischen Präsidenten Joseph Kabila. Kongos ehemaliger Polizeichef John Numbi, 2010 wegen der mutmaßlich in seinem Büro in Kinshasa erfolgten Ermordung des Menschenrechtlers Floribert Chebeya abgesetzt, aber bis heute einflussreich, habe zwei Tage vor dem Angriff eine Gruppe flüchtiger „Kata Katanga“-Häftlinge auf seiner Farm bei Lubumbashi beherbergt, heißt es. Numbi habe „Kata-Katanga“-Führer Ferdinand Kazadi mit Waffen und Munition versorgt. Von Kongos Zentralbankchef Jean Masangu sei Geld geflossen.

Populärer Wunsch nach Sezession

Seit Monaten wird spekuliert, Kongos Zentralmacht um Präsident Kabila stärke Milizen in Katanga, um den populären Provinzgouverneur Moise Katumbi zu schwächen und Gründe für einen verstärkten Zugriff des Zentralstaates auf die lukrativen Belange der Provinz zu liefern. Die „Kata Katanga“ machen seit einigen Monaten mit Angriffen im mineralienreichen Süden auf sich aufmerksam.

Neben ihnen kämpft seit Jahren im Norden und Osten Katangas eine Miliz des Warlords Gédéon Kyungu und hat Hunderttausende Menschen in die Flucht geschlagen. Gédéon war kurz vor Kongos Wahlen 2011 mit fast 1.000 seiner Anhänger aus einer gut gesicherten Haftanstalt entkommen.

Der Angriff auf Lubumbashi macht aber auch deutlich, wie populär in Katanga der Wunsch nach Sezession ist. Die Provinz erklärte sich in den Wirren nach Kongos Unabhängigkeit 1960 schon einmal zum eigenen Staat, damals aber unter Anleitung der abziehenden belgischen Kolonialmacht, die hoffte, dadurch wichtige Rohstoffvorkommen zu behalten und Kongos radikalen Unabhängigkeitsführers Patrice Lubumba schwächen zu können. Die Sezession wurde 1963 von UN-Truppen beendet.

„Kata Katanga“ forderte nun die UNO zur Wiederherstellung der katangischen Souveränität auf. In Lubumbashi wurden die Milizionäre beim Einmarsch mit Applaus und Jubel bedacht. Frauen breiteten vor ihnen Tücher auf dem Boden aus, traditionelles Zeichen der Ehrerbietung.

Verhandlungen aufnehmen?

Für viele Menschen sind die „Kata Katanga“ Patrioten, die die Interessen der Bevölkerung am Herzen haben – der verarmten Mehrheit, die anders als die Elite in Lubumbashi nicht an Rohstoffgeschäften teilhat und keine Möglichkeit hat, ihre Kinder nach Johannesburg oder Brüssel zu schicken, um den dramatischen Umweltschäden durch den boomenden Kupfer- und Kobaltbergbau zu entkommen.

Mehrere Beobachter äußern gegenüber der taz die Erwartung, die Regierung müsse nun mit den „Kata Katanga“ nach ihrem Einmarsch in Lubumbashi genauso Verhandlungen aufnehmen, wie sie es im Ostkongo mit der Rebellenbewegung M23 (Bewegung des 23. März) tat, nachdem diese im November die Provinzhauptstadt Goma besetzt hatte. Nach wie vor sollen Kata-Katanga-Einheiten außerhalb von Lubumbashi aktiv sein. Und es ist möglicherweise kein Zufall, dass die Gruppe für ihre Aktion den 23. März wählte.

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