Mit Mandarinen jonglieren: Erfolgreich wie die FDP

Man kann mit Christian Lindner auch mal Mitleid haben, findet unser Autor. Schließlich macht er doch alles richtig in seinem Nebenjob.

Christian Lindner schaut etwas angeekelt in die Kamera, der Hemdkragen ist geöffnet und die sonnengelbe FDP-Farbe leuchtet im Hintergrund

Wenn man nicht alles selber macht. Christian Lindner sieht sich umgeben von Flaschen Foto: Annegret Hilse/reuters

Als wir noch mit der Generation Z zusammenlebten, überlebten wir nur mit fiesen Tricks. Zum Beispiel: Wenn das Geschrei alles übertönt und nichts mehr geht, plötzlich mit Mandarinen zu jonglieren: paradoxe Intervention.

Deshalb verstehe ich auch Christian Lindner so gut. Der FDP-Chef, im Nebenjob als Bundesfinanzminister tätig, beschwert sich, seine Partei „leidet im besonderen Maße darunter, dass wir einer sehr unbeliebten Koalition angehören.“ Da kann man schon mal Mitleid haben.

Dabei macht die FDP doch alles richtig: Lindner legt einen Haushalt vor und spart bei rotgrünen Gaga-Themen wie Kindergrundsicherung, Naturschutz, grüner Umbau. Er zieht die finanzielle Schuldenbremse fest und geht dafür ganz liberal bei den ökologischen Schulden ins Risiko. Er schützt den ehrlich ererbten Reichtum der „Leistungsträger“ vor der Habgier der „Transfer-Empfänger“.

Und an seiner Seite sind Leuchttürme des Erfolgs: Der Justizminister bringt Flexibilität in die EU, indem er das verabredete Lieferkettengesetz plötzlich wieder kassiert. Die Bildungsministerin finanziert Visionen von Kernfusion, die uns bestimmt in 70 Jahren die Energierevolution bringen.

Der Verkehrsminister kämpft heldenhaft gegen die sozialistische Gleichmacherei, wonach alle Ressorts zum Klimaschutz beitragen sollen. Er hat aus der langweiligen Deutschen Bahn einen Abenteuer-Erlebnispark geformt. Und als Digitalminister alle überzeugt, dass man für ein gutes Leben nicht überall Internet braucht.

Rundherum nur Flaschen

Um die Liberalen herum: Nur Flaschen. Sozis, die die Faulen mit Mindestlohn und Grundsicherung verwöhnen. Ein grüner Wirtschaftsminister, der es einfach nicht kann: Der Deutschland so schnell vom russischen Gas weggeführt hat, dass die Menschen in ihren Wohnungen erfrieren und die Wirtschaft zusammenbricht. Der überall Windräder und Solarparks bauen lässt und dabei nicht mal den Rotmilan ausrottet. Der die Industrie mit Milliarden in diesem komischen „grünen Umbau“ zu sauberem und sicheren Wohlstand lockt. Der ideologisch verblendet immer noch darauf beharrt, seine Politik zu erklären und Kompromisse zu suchen.

Völlig verständlich, dass die Liberalen sich nostalgisch die Zeiten zurückwünschen, als sie mit der Union so erfolgreich die Regierung führten – und die Grundlagen ihrer selbst eingefädelten Herausforderungen legten: Deckelung der Erneuerbaren, kein Netzausbau für Strom oder Daten, Ruin der Bahn, wachsende soziale Ungerechtigkeit.

Bestimmt hilft hier ebenfalls der bewährte Trick aus dem Kinderzimmer: Augen schließen, Ohren zuhalten und ganz laut schreien: „Ihr seid ja alle doof!“

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Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).

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