Myanmar-Workshop: „Die Reformen gehen zu schnell”

Zum ersten Mal hat die taz Panter Stiftung elf JournalistInnen aus Asien zu einem einwöchigen Aufenthalt nach Berlin eingeladen. Ein Bericht.

Die TeilnehmerInnen des Myanmar/Birma-Workshops. Bild: Anja Weber

„Die Reformen gehen zu schnell. Unser Finanzsystem ist zum Beispiel noch nicht bereit“, sagt die birmesische Journalistin Myo Myat Myat Tun. Ihr Kollege Chit Oo Ko Ko stimmt zu. Die Neuerungen in seiner Heimat, meint er, hätten zu viel Fahrt aufgenommen, die Bewohner seien nicht ausreichend vorbereitet auf das, was von oben verordnet wurde: „Es fehlt überall an gut ausgebildeten Leuten. Das trifft auch auf uns Journalisten zu.“  Es ist Donnerstagabend im taz-Café, der Raum ist gut gefüllt. Auf dem Podium sitzen drei JournalistInnen aus Myanmar. „Myanmar/Birma: Endlich Pressefreiheit?“ heißt die vom taz-Redakteur Sven Hansen moderierte Veranstaltung. Am Ende haben die drei dem Publikum einen guten Einblick in die politische und wirtschaftliche Lage des südostasiatischen Landes verschafft – und auch ein klein wenig von ihrer Seele preisgegeben.  Die Diskussion war einer der Höhepunkte eines Experiments. Zum ersten Mal hat die taz Panter Stiftung elf JournalistInnen aus Asien zu einem einwöchigen Aufenthalt nach Berlin eingeladen. Das Ziel war es, ihnen zu zeigen, wie das politische System in der Bundesrepublik funktioniert und wie Journalisten in einem freiheitlichen System arbeiten.

Das Auswärtige Amt und die Heinrich-Böll-Stiftung beteiligten sich an dem Projekt – nicht nur mit Geld, sondern auch mit Ideen und Gesprächspartnern. Die Wahl war auf Journalisten aus Myanmar/Birma gefallen, weil in ihrem Land derzeit Aufregendes geschieht: Die Militärregierung hat überraschend ihren Griff um die Untertanen gelockert, Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi ist seit 2010 auf freiem Fuß, mittlerweile arbeitet sie sogar als Abgeordnete. Auch die Presse genießt neue Freiheiten. Doch es fehlt an gut geschulten Journalisten: „Wir bringen uns alles selbst bei, wir lesen zum Beispiel Bücher“, sagt Ni Ni Myint auf dem taz-Podium.

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Wie funktioniert eine genossenschaftliche Zeitung wie die taz, wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk, wie geht in der Bundesrepublik die Regierung mit Journalisten um und wie die mit der Regierung? Um Antworten auf diese Fragen zu bekommen, hörten die Teilnehmer Vorträge und besuchten das Auswärtige Amt, die Heinrich-Böll-Stiftung und die Bundespressekonferenz. Sie besichtigten den Bundestag, das ehemalige Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen, sprachen mit Experten von Nichtregierungsorganisationen, etwa von der Internetseite „Abgeordneten-Watch“. Die islamische Gemeinde Berlins zeigte den Birmesen die größte Moschee Berlins am Columbiadamm. Dieser Programmpunkt war mit Bedacht gewählt: Im Westen Myanmars geraten in diesen Tagen immer wieder Buddhisten und Muslime aneinander. In der Moschee hatten die Gäste Gelegenheit zu erfahren, wie gut –  oder schlecht – in Berlin christliche Mehrheit und muslimische Minderheit miteinander auskommen.

Nicht nur das ausgefüllte Programm hat die Gäste gefordert, sondern auch das Novemberwetter: „Ich wusste ja, dass es in Europa kalt ist, aber dass es so garstig sein würde, habe ich mir nicht vorgestellt“, sagte eine Teilnehmerin. Schlimmer allerdings waren die für Asiaten langen Fußwege. Einhellige Klage: „Das ist zu anstrengend, wir sind es in Myanmar nicht gewohnt, so weit zu laufen.“

Andreas Lorenz, Mitglied des Kuratoriums der taz Panter Stiftung