Kampf gegen den IS: Kein Krieg gegen Terror

In London und Madrid demonstrieren Tausende gegen einen Militäreinsatz in Syrien. Das britische Parlament stimmt bald über einen Einsatz ab.

Eine Menschenmenge demonstriert, auf den Plakaten steht "Bombardiert Syrien nicht"

„Auf jedes Kind, das unter westlicher Bombardierung getötet wird, folgt ein Terrorist“. In London gehen die Kriegsgegner auf die Straße. Foto: ap

LONDON AFP | In London und Madrid haben am Samstag tausende Menschen gegen einen Militäreinsatz ihrer Länder in Syrien demonstriert. In der britischen Hauptstadt, wo das Parlament voraussichtlich in der nächsten Woche über britische Luftangriffe gegen die Dschihadistenmiliz „Islamischer Staat“ (IS) in Syrien entscheiden soll, versammelten sich etwa 5.000 Demonstranten. In Madrid gingen nach Angaben der Veranstalter 6.000 Menschen auf die Straße.

Zur Kundgebung in London vor dem Amtssitz des Premierministers David Cameron hatte unter anderem das Friedensbündnis „Stop The War“ aufgerufen. Die Kundgebung richtete sich gegen den Vorstoß des Regierungschefs, das Parlament möglicherweise schon kommende Woche über die von ihm gewünschten Luftangriffe in Syrien abstimmen zu lassen.

Die oppositionelle Labour-Partei ist bei dem Thema gespalten. Ihr Parteichef Jeremy Corbyn, ehemaliger Kovorsitzender von „Stop The War“, ist dagegen. Doch mehrere Abgeordnete des rechten Labour-Flügels haben bereits angekündigt, dass sie mit Ja stimmen werden. Die Partei will am Montag ihre offizielle Linie festlegen.

„Dies ist ein Konflikt, der nicht durch Bomben gelöst werden kann und wird“, sagte der Vorsitzende des Friedensbündnisses, Andrew Murray, in London. Prominente Persönlichkeiten wie der Musiker Brian Eno und der Filmregisseur Ken Loach unterzeichneten einen offenen Brief gegen eine Beteiligung am Krieg in Syrien.

Die Gegner des Militäreinsatzes befürchten, dass von den Luftangriffen vor allem Zivilisten betroffen sein werden. Ein Eingriff in Syrien „wird die Gewalt, das Chaos und das Leid dort nur verschlimmern“, heißt es auf der Webseite von Stop the War. „Für jedes Kind in Syrien, das durch westliche Bombardierung stirbt, wird es einen neuen Terroristen geben“, twitterte das Bündnis außerdem. Nach den Anschlägen von Paris mit 130 Toten ist aber nach Ansicht auch der Kriegsgegner eine Zustimmung des britischen Parlaments wahrscheinlicher geworden.

Hollande beruft sich auf deutsch-französische Freundschaft

In Madrid versammelten sich ebenfalls tausende Demonstranten unter dem Motto „Nein zum Krieg“. Aufgerufen hatte ein von Künstlern gestartetes Bürgerbündnis, das im Internet in weniger als einer Woche 34.000 Unterstützer gegen ein militärisches Vorgehen fand. In Barcelona gingen 3.500 Menschen auf die Straße, in weiteren spanischen Städten beteiligten sich hunderte Demonstranten an Friedensdemonstrationen. Spaniens rechtskonservativer Regierungschef Mariano Rajoy versicherte am Samstag erneut, dass er keine überstürzte Entscheidung treffen werde. In Spanien finden am 20. Dezember Parlamentswahlen statt.

Der französische Präsident François Hollande, der seit den Pariser Anschlägen vom 13. November versucht, die internationale Anti-IS-Koalition auszuweiten und zu stärken, hatte die britischen Parlamentarier am Freitag zur Zustimmung zu den Militärangriffen aufgerufen. „Ich kann nur alle britischen Abgeordneten aufrufen, in Solidarität mit Frankreich, aber vor allem im Bewusstsein für den Kampf gegen den Terrorismus, dieser Intervention zuzustimmen“, sagte Hollande der Nachrichtenagentur AFP am Rande eines Treffens der Commonwealth-Staatschefs in Malta.

Hollande begrüßte in der maltesischen Hauptstadt Valletta zugleich die zugesagte deutsche Beteiligung am militärischen Vorgehen gegen den IS. Mit Blick auf die kommende Woche anstehende Entscheidung des Bundestags darüber, ob Deutschland unter anderem Tornados und eine Fregatte zur Verfügung stellen wird, sagte der französische Staatschef, er hoffe, dass beide Länder „in Anbetracht freundschaftlicher Bande“ entsprechende Schritte gehen würden – im Sinne der „französisch-britischen Freundschaft“ und der „französisch-deutschen Freundschaft“.

Großbritannien fliegt bereits Militärangriffe gegen den IS im Irak, ist bisher aber nicht an den Luftangriffen der US-geführten Koalition in Syrien beteiligt. Cameron war 2013 mit seinem Vorstoß für einen britischen Militäreinsatz zum Sturz des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad am Widerstand des Parlaments in London gescheitert.

Die Bundesregierung hatte am Donnerstag offiziell die geplante deutsche Beteiligung am militärischen Kampf gegen den IS in Syrien bekanntgegeben. Dabei geht es in erster Linie um Aufklärungsflüge zur Bestimmung von Angriffszielen und um die Absicherung der französischen Marine.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.