Nach Brandanschlag in Zossen: Bürger wollen mehr Hilfe gegen Rechts

Die Bürgerinitiative "Zossen zeigt Gesicht", deren Haus der Demokratie von einem Rechten angezündet wurde, kritisieren die Bürgermeisterin: Sie verharmlose die rechten Umtriebe.

Die Anwohner wünschen sich Unterstützung beim zeigen der roten karte. Bild: ap, Jörg Sarbach

Kaum ist der Brandanschlag auf das Haus der Demokratie aufgeklärt, streitet man in Zossen über den Umgang mit Rechtsradikalen in der Stadt. Rathauschefin Michaela Schreiber wird von verschiedenen Seiten vorgeworfen, dass sie sich nicht deutlich genug hinter das Bürgerengagement gegen Neonazis stellt. Die Stadtverwaltung unter Schreiber diskreditiere und blockiere die Bürgerinitiative (BI) "Zossen zeigt Gesicht", klagen örtliche Vertreter der Linkspartei.

Georg-Heinrich von Eichborn von der Initiative, die das abgebrannte Haus der Demokratie vergangenes Jahr eröffnet hat, unterstreicht: "Die Bürgermeisterin setzt sich mit uns inhaltlich nicht auseinander. Dadurch trägt sie dazu bei, dass wir von vielen in der Stadt nur noch als ,linkes Pack' angesehen werden."

Wie aggressiv die rechte Szene in Zossen auftritt, wurde vergangene Woche deutlich: Am Mittwoch störte eine Gruppe von 25 Rechtsradikalen die Holocaustgedenkfeier trotz eines großen Polizeiaufgebots. Zwei Tage später wurde ein rechtsgesinnter 16-Jähriger verhaftet, der gestand, das Haus der Demokratie in der 20.000-Einwohner-Stadt südlich von Berlin, angezündet zu haben.

Vor diesem Hintergrund verfasste Hans Coppi, Vorsitzender der Berliner Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, nun einen offenen Brief an Brandenburgs Innenminister Rainer Speer. Darin kritisiert Coppi, dass Zossens Bürgermeisterin nicht zu der Gedenkveranstaltung gekommen ist und sich geweigert habe, der Bürgerinitiative für die Veranstaltung Strom aus dem Rathaus zu geben. Außerdem ärgert sich Coppi: "Die Polizei hat einfach weg gehört, als Neonazis beim Verlesen von Holocaustopfern in Sprechchören ,Alles Lüge' gerufen haben."

Bürgermeisterin Schreiber verweigert seit dem Brand im Haus der Demokratie am 23. Januar jegliche Stellungnahme gegenüber der taz. Dass es im Zossener Rathaus offenbar an Transparenz mangelt und Schreiber zudem dazu neigt, die zunehmende Präsenz der rechten Szene in ihrer Kommune zu verharmlosen, geht aus einem am Montag veröffentlichten Bericht des Instituts Demos hervor. Mitarbeiter des "Mobilen Beratungsteams des Brandenburgischen Instituts für Gemeinwesenberatung" beobachten und fördern zivilgesellschaftliches Engagement in verschiedenen Gemeinden des Landes.

In Zossen ist das Institut seit rund einem Jahr aktiv. Aus dem jetzt als Teil eines Buches veröffentlichten 20-seitigen Bericht geht hervor, dass die Bürgermeistern nicht mehr mit der Initiative zusammenarbeitet, weil diese sich weigert, sich auch gegen "Linksextremismus" einzusetzen. Mit Blick auf den distanzierten Umgang der Stadtverwaltung mit der BI "Zossen zeigt Gesicht", wird gewarnt: "Wenn die Kommunalpolitiker die Anregungen, Ideen und Problembeschreibungen des Bürgerengagements nicht aufgreifen, wird die demokratische Entwicklung vor Ort blockiert."

Dass sie in der Lage ist, entschlossen gegen Rechts aufzutreten, hatte Bürgermeisterin Schreiber bewiesen, als sie 2008 bei einer Neonazi-Kundgebung die Lichter auf dem Marktplatz ausschalten ließ. Warum ihr die Zusammenarbeit mit den Bürgern so schwer fällt, wird nach einem Gespräch mit Thomas Böhm, Sprecher der Listenvereinigung Plan B, über die Schreiber seit 2003 im Rathaus sitzt, deutlich. Böhm macht keinen Hehl aus seiner Ablehnung der Bürgerinitiative: "Man bietet den Rechten doch eine Bühne, wenn man sich so offen hinstellt wie diese Leute."

Mehr als vor den Rechten fürchte er sich vor der Antifa - wegen deren "Schmiereien" und den brennenden Autos in Berlin. Außerdem: Der Name Haus der Demokratie klinge für ihn provokant, "fast wie ein Missionsort". Das Rathaus, sagt Böhm, sei in Zossen das Haus der Demokratie. "Und das reicht."

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