Nach Einigung im Tarifkonflikt: Kommunen wollen Kitakosten abwälzen

Städte und Gemeinden warnen vor finanziellen Mehrbelastungen durch den neuen Tarifvertrag für Kitakräfte. Die Gewerkschaft dagegen warnen vor erhöhten Elternbeiträgen.

ErzieherInnen bekommen mehr Geld. Jetzt entbrennt der Streit, wer für die Mehrkosten aufkommen soll. Bild: ap

BERLIN taz | Nach der Einigung auf einen neuen Tarifvertrag für die 220.000 Erzieherinnen, Sozialarbeiter und Sozialpädagogen in den Kommunen hat die Diskussion über die Finanzierung des Kompromisses begonnen. Der Verband der Kommunalen Arbeitgeber schätzt, dass auf die Kommunen jährlich zwischen 500 und 700 Millionen Euro Mehrausgaben zukommen.

Übereinstimmend warnten Städtetag, Landkreistag und der Städte- und Gemeindebund vor neuen finanziellen Belastungen. Die Vereinbarung werde "in vielen Städten neue Haushaltslöcher reißen", sagte Petra Roth (CDU), Oberbürgermeisterin in Frankfurt am Main und Präsidentin des Deutschen Städtetags. Uwe Lübking, Rechtsexperte des Städte- und Gemeindebunds, sieht den Bund und die Länder in der Verpflichtung: "Die müssen mit in die Tasche greifen."

Im Familienministerium sieht man keine Notwendigkeit, mehr Geld zu geben. "Grundsätzlich ist der Ausbau der Kinderbetreuung Aufgabe von Ländern und Kommunen", sagte eine Sprecherin des Ministeriums. Man beteilige sich bereits bis 2013 mit vier Miliarden Euro am Ausbau der Kinderbetreuung und ab 2014 jährlich mit 770 Millionen Euro an den Betriebskosten, "die direkt in die Erzieherinnengehälter fließen können".

Laut Stephan Articus, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, ist der Ausbau der Kinderbetreuung allerdings schon vor der Tarifeinigung nicht voll finanziert gewesen. Den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz für unter Dreijährige ab 2013 sieht er gefährdet.

Derweil warnt Verdi davor, die finanziellen Belastungen durch den Tarifkompromiss in erhöhte Elternbeiträge umzumünzen: "Es kann nicht sein, die Eltern für die verfehlte Sparpolitik der vergangenen Jahre zur Kasse zu bitten", erklärte der baden-württembergische Landesverband der Gewerkschaft.

Bei Ver.di und der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) zeigte man sich am Tag nach der Tarifeinigung zufrieden. "Wir haben das Verhandlungsziel erreicht, für alle Erzieherinnen eine neue Entgeltgruppe durchzusetzen", sagte Ilse Schaad von der GEW. Im Schnitt verdiene nun jede Erzieherin 120 Euro mehr im Monat. Ab 2005 neu eingestellte Erzieherinnen hatten durch eine Einordnung in den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes - statt in den Bundesangestelltentarifvertrag - zum Teil erhebliche finanzielle Verluste hinnehmen müssen.

Die sieht die Gewerkschaft mit dem neuen Tarifvertrag ausgeglichen. "Positiv ist, dass wir den Beruf der Erzieherin für junge Leute wieder ein Stück attraktiver machen konnten", sagte Schaad. So würden die Anfangsgehälter für eine Erzieherin in einfacher Tätigkeit im zweiten Beschäftigungsjahr um 211 und im dritten Jahr um 142 Euro pro Monat steigen.

Als Erfolg wertet die GEW auch die Durchsetzung eines Tarifvertrags zum Gesundheitsschutz. Arbeitnehmer und Arbeitgeber hatten sich auf die Schaffung von paritätisch besetzten Kommissionen geeinigt, die künftig in jeder Kindertagesstätte analysieren sollen, welche Gesundheitsgefahren die dortige Arbeit für die Erzieherinnen mit sich bringt und gemeinsam Lösungen finden.

Doch nicht mit allem ist man bei Gewerkschaft und Arbeitnehmern zufrieden. Für die Gruppe der Sozialarbeiter habe man nicht die gewünschte Entlohnung erreicht. "Und das, obwohl in dieser Gruppe die Anforderungen mit am stärksten gewachsen sind", sagte Schaad.

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