Nachruf auf Martin Almada: Finder von Paraguays Geheimarchiven

Von Paraguays Stroessner-Diktatur wurde er gefoltert, später fand er die Geheimarchive der Polizei. Jetzt ist Martin Almada mit 87 Jahren gestorben.

Ein Mann sitzt in einem Sessel und ließt.

Die Poesie war einer der Zufluchtsorte des alternativen Nobelpreisträgers Martin Almada Foto: Nathalia Aguilar/imago

BUENOS AIRES taz | Martín Almada ist tot. Der Entdecker der „Archive des Terrors“ der Diktatur von Alfredo Stroessner (1954-1989) in Paraguay starb bereits am 30. März im Alter von 87 Jahren. Als Journalist, Pädagoge und vor allem als Menschenrechtsaktivist wurde er 2002 mit dem Right Livelihood Award, dem Alternativen Nobelpreis, ausgezeichnet.

Am 22. Dezember 1992 war der gelernte Jurist mit Unterstützung von Parlamentariern und Staatsanwälten in eine Polizeistation unweit der Hauptstadt Asunción eingedrungen. Sie entdeckten mehrere Archive mit detaillierten Aufzeichnungen über die Verschleppten, Gefolterten und Ermordeten aus 35 Jahren Diktatur, ein von der US-amerikanischen „School of the Americas“ herausgegebenes Handbuch „Wie man Gefolterte am Leben erhält“ sowie zahlreiche Dokumente und Briefe.

Die Aufzeichnungen belegten auch die Existenz der „Operation Condor“, die Paraguay als Basis nutzte. „Operation Condor“ war der Codename für die geheime Zusammenarbeit zwischen mehreren Militärdiktaturen in den 1970er und 1980er Jahren. Mit dem „Plan Condor“ koordinierten Argentinien, Brasilien, Uruguay, Paraguay, Chile und Bolivien die grenzüberschreitende Verfolgung von Regimegegnern.

Almada selbst wurde am 26. November 1974 von der politischen Polizei verschleppt und später zu seiner Überraschung nicht nur von paraguayischen, sondern auch von argentinischen, brasilianischen und bolivianischen Militärs verhört und gefoltert. Seine Frau, die Lehrerin Celestina Pérez, die frei blieb, überlebte den psychologischen Terror nicht. Sie wurde gezwungen, seine Folterungen mit anzuhören und starb an einem Herzinfarkt, wie Almada später berichtete.

Für sein Engagement spät geehrt

Nach einer Kampagne von Amnesty International wurde er 1977 freigelassen, flüchtete in die panamaische Botschaft und konnte im Februar 1978 mit seinen drei Kindern nach Panama ausreisen. Später ging er nach Frankreich, wo er bei der Unesco als Berater für Lateinamerika arbeitete. Nach dem Sturz von Stroessner kehrte er 1989 nach Paraguay zurück.

„Wir müssen unsere Arbeit fortsetzen, auch wenn es sehr gefährlich ist, die Archive zu öffnen und ihren Inhalt zu verbreiten“, sagte Almada anlässlich einer Ehrung. Im Juni 2023 erklärte der paraguayische Senat die Archive zu einem „nationalen Interesse für das historische Gedächtnis“ und würdigte Almadas „unschätzbare Beiträge zur Wiederherstellung, zum Schutz und zur Aufwertung der Archive des Terrors“.

General Alfredo Stroessner hatte sich 1954 an die Macht geputscht. Nach Angaben der Kommission für Wahrheit und Gerechtigkeit wurden in den 35 Jahren seiner Herrschaft mindestens 20.000 Menschen Opfer von Menschenrechtsverletzungen. Stroessner starb im Jahr 2006 in Brasilien. Sein Leichnam wurde in Brasília beigesetzt.

Im November 2012 protestierte Almada mit anderen gegen die Rückführung des Leichnams. Am Vorabend des 100. Geburtstages des Diktators waren sie zahlreich durch die Straßen der Hauptstadt Asunción gezogen. „Stroessners Anhänger wollten ihn zu diesem Anlass zurückholen, aber unser Druck hat das verhindert“, sagte Martín Almada damals.

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