Nachtzusammenfassung Katastrophe in Japan: Immer wieder Rückschläge

Einsatzkräfte versuchen weiter, die drohenden Kernschmelzen in den Atomreaktoren von Fukushima 1 zu verhindern. Bislang ohne Erfolg. Auch die Situation der 400.000 Obdachlosen spitzt sich weiter zu.

130 Feuerwehrsleute wollen mit Löschfahrzeugen die drohende Kernschmelze bekämpfen. Bild: reuters

PEKING taz | Sieben Tage nach dem schweren Erdbeben und dem verheerenden Tsunami liefern sich die Einsatzkräfte im japanischen Atomkraftwerk Fukushima 1 einen Wettlauf mit der Zeit. Die Techniker des Kraftwerkbetreibers Tepco versuchen dem japanischen Fernsehsender NHK zufolge auf zwei Wegen die Kontrollen über die mindestens 4 zum Teil erheblich beschädigten Reaktorblöcken zurückzugewinnen.

Zum einen soll an den Blöcken 1 und 2 eine neu verlegte Stromleitung das Kühlsystem wieder zum Laufen bringen. Zum anderen soll bei den Reaktoren 3 und 4 die Kühlung mit Wasserwerfern weitergehen. Hubschrauber des Militärs sollen nicht mehr zum Einsatz kommen. Die Aktion aus der Luft war am Donnerstag sehr heikel, weil die Hubschrauber wegen hoher Radioaktivität nicht über den Ruinen kreisen durften. Sie mussten ihr Wasser im Vorbeifliegen abwerfen, was ein präzises Zielen unmöglich machte.

Auch der Anschluss der Kühlanlagen an ein neues Stromkabel dauert länger als vorgesehen. Eigentlich sollte dies noch am Donnerstag gelingen. Doch auch am Freitagvormittag (Ortszeit) war noch keiner der vier problematischen Blöcke mit Strom versorgt.

Zur Lage in Block 3 sagte Regierungssprecher Yukio Edano auf NHK, dass Brennstäbe dort teilweise ohne Wasserkühlung seien. Ohne genügend Wasser würden sie sich weiter erhitzen und möglicherweise erhöhte Strahlung abgeben. "Block 3 ist unsere höchste Priorität", sagte Edano. In Block 3 ist das hochgiftige Plutonium enthalten. In Block 4 droht das Abklingbecken voller abgebrannter Brennstäbe zu erhitzen und hochradioaktive Strahlung freizusetzen.

Für Verunsicherung sorgt, dass seit dem frühen Freitagmorgen aus Block 2 weißer Rauch aufsteigt. Die Ursache bleibt unklar, sagte ein Sprecher der Aufsichtsbehörde.

Auch die Lage für die Obdachlosen spitzt sich eine Woche nach der schweren Naturkatastrophe dramatisch zu. Vor allem die derzeitige Eiseskälte setzt den obdachlosen Japanern heftig zu. NHK zeigte am morgen Bilder von Menschen in Turnhallen ohne Heizung, die eng aneinander kauerten, um sich gegenseitig Wärme zu spenden. Vielerort fehlt es noch immer an Trinkwasser, Lebensmittel und Benzin. Etwa 400.000 Menschen sind derzeit obdachlos. NHK zufolge sind mindestens 25 Flüchtlinge in den Notlagern schon gestorben.

Die Präfekturregierung in der Unglücksprovinz Miyagi hat die Flüchtlinge aufgefordert, wegen Platzmangel auf die benachbarten Präfekturen auszuweichen. Zum Teil bewohnen Zehntausend derzeit ein Schulgebäude. Eine ähnliche Aufforderung gab es auch in der Präfektur Fukushima.

Die Behörden haben die offiziellen Opferzahlen erneut deutlich nach oben korrigiert. Mehr als 16.600 Menschen seien tot oder vermisst, teilte die Polizei mit. Der Tod von 6.405 ist bestätigt, von 10.259 Menschen fehlt jede Spur.

Ebenfalls am Freitagmorgen haben die sieben führenden Industrienationen (G7) vereinbart, sich gemeinsam gegen die Aufwertung des japanischen Yens zu stemmen, der seit Mitte der Woche dramatisch in die Höhe geschossen ist. Grund für den Höhenflug: Japanische Investoren verkaufen im großen Zuge Investments im Ausland, um mit dem Geld den Aufbau in Japan bezahlen zu können. Währungspekulationen wollen auf den Zug aufspringen und haben den Yen zusätzlich nach oben getrieben. Ein zu hoher Yen belastet das ohnehin geplagte Japan aber noch mehr. Deswegen tätigen die Zentralbanken von Japan, der USA, von Großbritannien, Kanada und der EU nun koordinierte Verkäufe der japanischen Währung und kaufen Dollars und Euros auf. Daraufhin hat sich der japanische Aktienmarkt spürbar erholt.

In Deutschland will die Bundesregierung die Sicherheitsnormen für die Atomkraftwerke dem ARD-Politikmagazin Kontraste zufolge so sehr erhöhen, dass dies zum Aus für alle AKWs führen könnte. Kontraste liegt ein bislang geheimes Papier des Bundesumweltministeriums vor, das als Grundlage für die Entscheidung der Regierung diente, ein Moratorium über die Verlängerung der Restlaufzeit der Atommeiler zu verhängen.

mit dpa, dpad, reuters, nikkei, kyodo

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