Nahost-Konflikt an Schulen: Kurzer Protest trotz Verbot

Die Polizei verbietet eine Kundgebung von Schüler*innen. Sie befürchtet, dass Hamas-Sympathisant*innen diese für ihre Interessen benutzen könnten.

Polizist*innen von hinten, vor ihnen stehen Teilnehmer*innen einer verbotenen Kundgebung

Unter polizeilicher Beobachtung: Versammlung vor einer Schule in Neukölln Foto: Christian Mang

BERLIN taz | Etwa 40 Jugendliche stehen am Mittwochvormittag auf dem Bürgersteig vor dem Ernst-Abbe-Gymnasium in der Sonnenallee. Es ist die Schule, in der am Montag ein Lehrer einen 15-jährigen Schüler geschlagen haben soll. Zuvor soll ein anderer 14-jähriger Schüler auf dem Schulhof eine palästinensische Flagge gezeigt haben. In einem verwackelten Video, das seitdem im Netz kursiert, ist zu sehen, wie der Lehrer dem Schüler eine Ohrfeige verpasst und wie der Schüler den Lehrer daraufhin tritt.

In Reaktion auf den Übergriff hatten Eltern daraufhin für Mittwoch eine Demonstration vor der Schule angemeldet. Sie wollten damit auch gegen die Darstellung angehen, dass der Schüler den Lehrer zuerst mit einem Kopfstoß angegangen hätte und der Lehrer sich nur gewehrt hätte. Die Polizei hatte die Kundgebung noch am Dienstagabend verboten. Die Schüler*innen, die sich nun trotzdem vor der Schule versammelt haben, regt das auf. „Wir haben ein Recht darauf, unsere Meinung zu sagen“, tönt es mehrfach aus der Gruppe. Einige der Jugendlichen haben sich Palästinensertücher um die Schultern gelegt oder sie tragen diese als Schal. Viele halten ihre Handys hoch und scheinen konstant alles um sie herum zu filmen.

Mindestens zwei Personen verteilen Flyer von Jugendorganisationen, die zur Solidarität mit Palästina aufrufen und die Terroraktionen der Hamas als „Befreiungskampf“ feiern. Hoch ist die Kameradichte auch bei den zahlreichen Journalist*innen, die das Geschehen beobachten.

Die Polizei ist nach eigenen Angaben seit den Morgenstunden mit 150 Personen vor Ort. Sie hätten die Schü­le­r*in­nen bereits in der Schule darüber informiert, dass die Versammlung verboten sei, sagt ein Sprecher. Be­am­t*in­nen fordern die Anwesenden auf, den Bereich vor der Schule zu verlassen, sie ziehen einzelne Personen, die zu kurzen Reden ansetzen, aus der Gruppe heraus. Es ist unklar, ob diese Personen zur Schülerschaft gehören oder von außen dazugekommen sind. Mehrmals tönen „Free Palestine“-Rufe aus der Gruppe. Gegen 12 Uhr, nach wiederholten Aufforderungen der Polizei, zerstreut sich die Gruppe.

Immer Einzelfallentscheidung

Ein Demo-Verbot sei immer eine Einzelfallentscheidung, sagt Polizeisprecher Martin Stralau vor Ort. Das Anliegen der Schüler*innen, gegen Gewalt zu demonstrieren, sei legitim. „Basierend auf den Erfahrungen der vergangenen Tage konnten wir allerdings nicht ausschließen, dass es möglicherweise Hamas-Sympathisanten gibt, die diese Kundgebung für ihre Zwecke ausnutzen“, erläutert der Sprecher das Verbot. Auf den dort verteilten Flyern, die der Staatsschutz nun untersuche, würde indirekt die Auslöschung Israels gefordert.

Der Polizeisprecher verweist auch darauf, dass die Schule genau in dem Bereich der Sonnenallee liegt, in dem sich in den vergangenen Tagen Hamas-Sympathisanten versammelt und die Terroraktionen der Hamas bejubelt hätten. Auch weil die Polizei bereits eine propalästinensische Demonstration in Neukölln am Mittwoch sowie alle möglichen Ersatzveranstaltungen bis zum 17. Oktober untersagt hatte, hätten sie befürchtet, dass Personen die Demo der Schü­le­r*in­nen möglicherweise als Ersatzveranstaltung missbraucht hätten.

„Auf dem Schulhof soll es außerdem Hamas-Rufe gegeben haben, als der Schüler am Montag die Flagge zeigte“, auch das habe zum Verbot beigetragen, so Stralau. Die Ermittlungen zu dem Vorfall liefen noch. „Mit dem Verbot wollten wir in diesem Fall auch die Anmelderin schützen, die das Geschehen möglicherweise nicht mehr unter Kontrolle gehabt hätte“, sagte der Sprecher.

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