Nato-Gipfel in Vilnius: Frustrierendes Ergebnis

Der Nato-Gipfel blieb für die Ukraine wenig ergiebig. Auch wenn von vornherein klar war, dass eine Nato-Mitgliedschaft auf sich warten lassen würde.

Präsident Selenski strekt die Hand zum Handschlag aus

Seine Hand wollten alle schütteln: Präsident Selenski beim Nato-Gipfel in Vilnius Foto: Yves Herman/reuters

Als „historisch“ war er vielfach bezeichnet worden, der Nato-Gipfel in Vilnius. Das war er in gewisser Weise auch – nur ganz anders, als es sich der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski erhofft hatte. Nach dem Nato-Treffen 2008 in Bukarest, auf den nur wenige Monate später der Krieg zwischen Georgien und Russland um die Region Südossetien folgte, hatte ein ukrainischer Vertreter den dort erreichten halbseidenen Kompromiss wie folgt beschrieben: Die Tür sei geöffnet worden, aber eine Einladung zum Beitritt leider nicht ergangen.

Und jetzt? Die Tür steht immer noch offen, mehr aber leider nicht. Die Passagen der gemeinsamen Erklärung von Vilnius zur Ukraine – ein Land, in dem seit fast anderthalb Jahren ein Krieg tobt – bleiben unverbindlich und lassen Raum für unterschiedliche Interpretationen. Hinzu kommen bilaterale Sicherheitsgarantien unter anderem in Form von weiteren Waffenlieferungen sowie eine Ausweitung von Ausbildungsprogrammen für ukrainische Soldaten.

Das ist zwar definitiv mehr als ein Trostpflaster und eine Verpflichtung, die Ukraine auch künftig militärisch zu unterstützen. Doch um sich darauf zu verständigen, hätte es ein Gipfeltreffen nicht wirklich gebraucht. Bemerkenswert übrigens ist, dass Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der der Nato einst den Hirntod attestiert hatte, anders als die USA und Deutschland, diesmal nicht zu den Bremsern gehörte.

Dass dieses Ergebnis Kyjiw nicht zufrieden stellt, ist vollkommen nachvollziehbar. Jedoch ist Selenski, der die Klaviatur der Kriegsdiplomatie mittlerweile perfekt beherrscht, auch nicht naiv. Ihm ist klar, dass die Ukraine nicht von jetzt auf gleich Nato-Mitglied werden kann. Trotzdem hätte das Bündnis zumindest beschließen können, Beitrittsgespräche mit Kyjiw aufzunehmen.

Das wäre ein wichtiges politisches Statement gewesen und auch ein eindeutiges Signal an Russland. Diese Chance wurde bedauerlicherweise verpasst. Das könnte sich rächen. Man denke nur an 2008.

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Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.

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