Neuer S-Bahn-Tunnel für Hamburg: Teuer und langwierig

Hamburgs Senat und Bürgerschaft planen einen neuen S-Bahn-Tunnel durch die Innenstadt. Sie sollten sich mit Alternativlösungen beschäftigten.

Eine S-Bahn hält im Hamburger Hauptbahnhof.

In Zukunft keine Panoramafahrt mehr über die Alster nach Altona: S-Bahn im Hamburger Hauptbahnhof Foto: Daniel Reinhardt/dpa

Ein neuer S-Bahn-Tunnel soll mitten durch Hamburg gebaut werden. Doch es regen sich vermehrt Zweifel, ob das milliardenschwere Projekt der Weisheit letzter Schluss ist. Verkehrsaktivisten haben den Plan auseinandergenommen. Für den Landesparteitag der SPD am Wochenende hat der Distrikt Eimsbüttel Süd beantragt, „mögliche Varianten für den Schienenausbau in der Region Hamburg zu prüfen“.

Das tut not, denn bisher hat es den Anschein, als würde die rot-grüne Regierungsmehrheit einfach übernehmen, was ihr die Bundesregierung vorgesetzt hat. Schließlich gibt es ja seit Längerem die Klage, dass der Norden beim Ausbau der Verkehrsinfrastruktur zu kurz gekommen sei. Da lässt sich so ein Projekt, das der Bund zu drei Vierteln bezahlt, schlecht zurückweisen.

Ins Gespräch gebracht hatte den „Verbindungsbahnentlastungstunnel“ 2019 der damalige Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Enak Ferlemann (CDU). Der Vorschlag ging davon aus, dass wegen des von der Bahn geplanten Deutschlandtakts viel mehr Fernzüge quer durch Hamburg fahren müssen. Um mehr Kapazitäten zu schaffen, sollen deshalb die S-Bahn-Gleise, die parallel zur Fernbahn verlaufen, unter die Erde verlegt werden.

Die Bürgerinitiative (BI) Prellbock Altona hält diesen Plan für teuer, klimaschädlich und fahrgastunfreundlich. Die Kosten können sich die BI-ler nur ausmalen, denn in der Machbarkeitsstudie der Bahn sind zwar die Baumaßnahmen aufgeführt, die Kostenschätzungen jedoch geschwärzt. Sie verweisen auf eine Studie von 2020, die drei Milliarden Euro veranschlagt. Angesichts der enormen Kostensteigerung beim S-Bahn-Tunnel in München erwarten sie eher zehn bis zwölf Milliarden.

Viele offene Baustellen

Dazu komme, dass vom Ausbau der oberirdischen ­S-Bahn- zur Fernbahnstrecke noch gar nicht die Rede gewesen sei. Auch der sei teuer und könne überdies erst in Angriff genommen werden, wenn der S-Bahn-Tunnel fertig sei. Wegen der vielen offenen Baustellen und auch weil zeitgleich eine neue U-Bahn-Linie durch die Innenstadt gebaut werden soll, drohe Chaos beim öffentlichen Nahverkehr.

Prellbock hat dieser Tage eine Alternative vorgestellt. Die Initiative schlägt vor, Regionalzüge von Schleswig-Holstein über Hamburg nach Niedersachsen durchfahren zu lassen. Bisher machen die Züge aus beiden Richtungen in Hamburg kehrt, was den Hauptbahnhof blockiert. Bestehende Strecken sollen ertüchtigt und ausgebaut werden. Zudem plädiert Prellbock für einen Eisenbahn-Elbtunnel im Hamburger Westen. Dieser hätte auch den Vorteil, dass der Verkehr nicht zusammenbräche, falls ein Binnenschiffer die Elbbrücke im Osten abräumte.

Die SPD Eimsbüttel Süd greift einen Vorschlag auf, den Norbert Holtz von der Initiative „Klimabahn“ und Holger Busche von der Fachgruppe Mobilität von „Scientists for Future“ im Mai unter dem Namen „Nordtakt“ gemacht haben. Dieser sieht vor, entlang der Autobahnen neue Schienenstrecken zu bauen, sodass viele Regionalbahnen den überlasteten Hauptbahnhof nicht mehr anfahren müssten.

Sich mit diesen Alternativen auseinanderzusetzen, sollte für die Bürgerschaftsmehrheit, den Senat und die Bahn eine Selbstverständlichkeit sein. Stattdessen gilt der neue Tunnel als gesetzt. Allenfalls Varianten davon werden diskutiert. Von einer Alternativenprüfung kann nicht die Rede sein. Das dürfte sich ­rächen.

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