Neues EU-Sanktionspaket gegen Russland: Das Tamtam bleibt diesmal aus

Reiseverbote, gesperrte Vermögen und eine nachjustierte Ölpreisbremse: Die EU möchte Russland mit dem zwölften Sanktionspaket wirklich treffen.

Silhouetten von Ölpumpen

Ölförderung bei Almetyevsk, Tatarstan, Russland, Juni 2023 Foto: Alexander Manzyuk/reuters

BRÜSSEL taz | Fünf Monate nach dem elften Sanktionspaket plant die Europäische Union neue wirtschaftliche Strafmaßnahmen gegen Russland. Diese sollen am Freitag in Brüssel von den EU-Staaten beschlossen werden und vor allem den Handel mit russische Rohdiamanten sowie die lukrativen Ölexporte treffen. Allerdings könnte sich der Beschluss verzögern – über die genauen Details wurde bis zuletzt gerungen.

So war am Donnerstag noch unklar, ob auch der Sohn des ehemaligen russischen Präsidenten Dmitri Medwedew mit Sanktionen belegt werden würde, wie der Guardian berichtete. Die EU-Kommission wollte das ebenso wenig bestätigen wie Berichte, laut denen Dänemark künftig russische Öltanker in der Ostsee inspiziert, um den Ölpreisdeckel durchzusetzen.

Im Gegensatz zu früher, als EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) die Sanktionen an die große Glocke hängte, bemüht sich die Europäische Union diesmal um größtmögliche Diskretion. Von der Leyen hat lediglich die groben Linien des neuen Maßnahmenpakets angedeutet – doch nicht wie üblich in Brüssel, sondern auf ihrem letzten Besuch in Kyjiw.

Demnach wird die Europäische Union bis zu hundert Personen mit Reiseverboten und Vermögenssperren belegen. Zudem will sie härter als bisher gegen jene vorgehen, die diese Strafen umgehen – und den vor einem Jahr erlassenen Ölpreisdeckel nachjustieren. Die damals eingezogene Obergrenze von 60 Dollar pro Barrel hat sich als weitgehend wirkungslos erwiesen. Was genau die EU dabei plant, ist aber noch nicht bekannt.

Belgien steht auf der Bremse

Einem Bericht der Financial Times zufolge verkauft Russland sein Rohöl immer noch zu höheren Preisen – und erzielt damit ordentliche Gewinne. Auch das seit Monaten geplante Embargo auf russische Rohdiamanten erweist sich als problematisch. Bei einem Treffen im Oktober diskutierten die G-7-Staaten noch über vier verschiedene Versionen.

Lange stand vor allem Belgien auf der Bremse. Denn das belgische Antwerpen gilt als größter Umschlagplatz für Rohdiamanten weltweit. Der Kommissionsvorschlag sieht nun ein „Verbot der direkten oder indirekten Einfuhr, des Kaufs oder der Weitergabe von Diamanten aus Russland“ vor. Das Embargo soll ab Januar 2024 gelten.

Ab März soll überdies ein Mechanismus zur Rückverfolgung greifen, der die Einfuhr von in Drittländern verarbeiteten russischen Edelsteinen verhindern würde. Das ist mit den G7-Ländern abgestimmt. Das könnte vor allem Folgen für Indien haben, weil dort ein Großteil der Rohdiamanten verarbeitet wird.

Expertenschätzungen zufolge erzielt Russland mit Rohdiamanten einen Umsatz von 4 bis 5 Milliarden US-Dollar pro Jahr (rund 3,7 bis 4,6 Milliarden Euro).

Mit Spannung wird erwartet, welche Maßnahmen die EU gegen die Umgehung von Sanktionen ergreifen will. Bereits im 11. Sanktionspaket war dies ein Thema. Doch offenbar wirken die im Juni beschlossenen Instrumente nicht wie erwartet. Im August hatte sich Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) enttäuscht über die EU-Maßnahmen gezeigt.

„Eigentlich hätten wirtschaftliche Sanktionen wirtschaftliche Auswirkungen“, sagte Baerbock. „Das ist aber nicht so.“ Die russische Wirtschaft wächst und auch die russische Kriegsmaschine läuft weiterhin wie geschmiert. Demgegenüber ist Deutschland in die Rezession gerutscht.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir alle wollen angesichts dessen, was mit der Ukraine derzeit geschieht, nicht tatenlos zusehen. Doch wie soll mensch von Deutschland aus helfen? Unsere Ukraine-Soli-Liste bietet Ihnen einige Ansätze fürs eigene Aktivwerden.

▶ Die Liste finden Sie unter taz.de/ukrainesoli

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.