Neues Gutachten über Breiviks Psyche: Klapse oder Knast?

Ein Gericht ordnet ein neues Gutachten über die Schuldfähigkeit des Attentäters Anders Breivik an. Ob das etwas nutzt, ist umstritten. Breivik lehnt die Zusammenarbeit ab.

Anders Behring Breivik. Bild: dpa

STOCKHOLM taz | Es wird ein weiteres gerichtliches Gutachten zur Frage der Zurechnungsfähigkeit und damit juristischen Schuldfähigkeit des Anders Breivik geben. Das beschloss das Amtsgericht Oslo am Freitag. Das sei "keine Kritik" an den bisherigen Gutachtern, betonte Richterin Wenche Elizabeth Arntzen auf einer Pressekonferenz, aber man halte ein zusätzliches Gutachten für erforderlich, um den "Sachverhalt ausreichend aufzuklären". Denn natürlich sei die Schuldfähigkeit "von zentraler Bedeutung" für das am 16. April beginnende Gerichtsverfahren. Etwa die Hälfte der Opferanwälte hatte eine solche weitere Begutachtung des Attentäters beantragt.

Die beiden neuen Gutachter erhalten einen gegenüber den ersten beiden Gutachtern erweiterten Auftrag: Sie sollen auch die "politische Botschaft" berücksichtigen, die Breivik etwa in seinem 1.516-seitigen "Manifest" niedergelegt hatte. Im bisherigen Gutachten waren Breivik umfassende Wahnvorstellungen bescheinigt und hieraus diagnostiziert worden, er sei als psychotisch einzuschätzen und leide an paranoider Schizophrenie. Es hatte daraufhin teilweise heftige Kritik auch aus Fachkreisen unter Hinweis darauf gegeben, dass diese "Wahnvorstellungen" ein durchaus weitverbreitetes rechtsextremistisches Gedankengut seien.

"Keine Spur" von Schizophrenie

Auf diese Kritik geht das Gericht nicht explizit ein, wohl aber auf eine kürzlich bekannt gewordene Begutachtung Breiviks im Gefängnis. Drei Psychiater und ein Psychologe hatten nach monatelanger Observation geäußert, dieser sei zurechnungsfähig: Sie hätten "keine Spur von Schizophrenie" erkennen können. Das habe "Fragen aufgeworfen", erklärte Richterin Arntzen , weshalb das Gericht eine zweite Meinung einholen wolle.

Die Anklagebehörde hält solche Argumentation für fragwürdig. Sie beantragte deshalb ebenso wie Breiviks Verteidiger kein neues Gutachten. Ein Zweitgutachten ist nach Einschätzung von Staatsanwalt Svein Holden relativ wertlos, da das Prinzip "im Zweifel für den Angeklagten" gelte. Aufgrund des ersten Gutachtens seien so starke Zweifel an der Zurechnungsfähigkeit Breiviks begründet worden, dass das Gericht kaum anders als auf Schuldunfähigkeit erkennen könne.

Breivik selbst hatte schon vor Tagen mitteilen lassen, er wolle sich einer weiteren Begutachtung nicht unterziehen und werde deshalb jede Zusammenarbeit mit neuen Gutachtern verweigern.

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