Neues Label für Schweinefleisch: Mehr, als Merkel geschafft hat

Das Pflichtsiegel für Schweinefleisch kommt. Die Reform hat Lücken, aber mehr Tierschutz auf einmal ist in dieser Koalition nicht möglich.

Ferkel stehen in einer Box in einer Schweinezuchtanlage

Der Staat schreibt nun vor, dass auf Schweinefleisch angegeben werden muss, wie das Tier gehalten wurde Foto: Jens Büttner/dpa

Die Ampelregierung verbessert das Leben der Tiere in der Landwirtschaft stärker als alle Merkel-Koalitionen: Nun hat der Bundestag eine verpflichtende Haltungskennzeichnung für Fleisch beschlossen. Erstmals schreibt der Staat vor, dass auf Schweinefleisch angegeben werden muss, wie das Tier gehalten wurde. Zudem zahlt er insgesamt 1 Milliarde Euro an Bauern, die ihre Ställe für mehr Tierschutz umbauen wollen. Ja, das vom grünen Agrarminister Cem Özdemir initiierte Paket hat viele Unzulänglichkeiten. Aber es ist besser als das Nichts, das CDU/CSU, SPD und FDP unter Kanzlerin Merkel hinterlassen haben.

Die verpflichtende Kennzeichnung der Haltungsbedingungen soll VerbraucherInnen helfen, Schweinefleisch aus engen Ställen und ohne Auslauf von Produkten aus Ställen zum Beispiel mit Zugang ins Freie und mehr Platz zu unterscheiden. Wenn das Fleisch aus der schlechtesten Stufe namens „Stall“ kommt, muss das ab 2026 auf dem Etikett stehen. Das wird den öffentlichen Druck erhöhen, endlich mehr Tierschutz in den Ställen umzusetzen. Angesichts der Diskussion über staatliche Siegel haben große Handelsketten bereits verkündet, dass sie Fleisch aus Haltungsbedingungen auslisten wollen, die den niedrigsten Stufen ähneln.

Es stimmt, dass die Kennzeichnung noch große Lücken hat: Sie soll sich zunächst nur auf Schweine und auf den letzten Abschnitt ihres Lebens beziehen. Ferkel, Rinder und Hühner sowie Transport und Schlachtung bleiben erst mal außen vor. Die Kriterien der fünf geplanten Stufen sind auch teils zu lasch. Ein paar Quadratzentimeter mehr Platz pro Tier in der zweiten Stufe („Stall + Platz“) werden das Leben eines Schweins kaum verbessern.

Außer in der Kategorie „Bio“ dürfen die Ringelschwänze weiter abgeschnitten werden. Es ist durchaus möglich, dass die Ampelkoalition es schafft, die Kennzeichnung zum Beispiel auf andere Tierarten auszuweiten. Hätte Özdemir gleich auch Rinder und Geflügel integriert, hätte er noch mehr Lobbys gegen sich gehabt, und eventuell wäre dann das Label komplett gescheitert. Mit seiner abgespeckten Version hat der Grüne nun wenigstens das Prinzip der verpflichtenden Haltungskennzeichnung für Fleisch etabliert. Darauf lässt sich aufbauen.

Was wäre die Alternative zu diesem in Teilen mangelhaften Siegel gewesen? Manche sagen: einfach radikal mehr Tierschutz per Gesetz vorschreiben. Das wäre schon deshalb nicht gegangen, weil der Koalitionspartner FDP das blockiert hätte. Und es bringt auch nichts, wenn Deutschland im Alleingang den Tierschutz verschärft, wegen der höheren Kosten dann Ställe hierzulande geschlossen werden und das Fleisch aus schlechteren Haltungsbedingungen importiert wird.

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Jahrgang 1974. Er schreibt vor allem zu Ernährungsfragen – etwa über Agrarpolitik, Gentechnik, Pestizide, Verbraucherschutz und die Lebensmittelindustrie. 2022 nominiert für den Deutschen Reporter:innen-Preis 2022 in der Kategorie Essay, 2018, 2017 und 2014 Journalistenpreis "Grüne Reportage". 2015 "Bester Zweiter" beim Deutschen Journalistenpreis. 2013 nominiert für den "Langen Atem". Bevor er zur taz kam, war er Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters und Volontär bei der Süddeutschen Zeitung.

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