Niger nach dem Putsch: Zahnlose Staatengemeinschaft Ecowas

Die Staatengemeinschaft Ecowas agiert in Niger zurückhaltend gegenüber den Putschisten. Gegen Militärregierungen zeigt sie sich wieder einmal machtlos.

Menschen stehen an einem Brunnen zusammen

Anhänger des abgesetzten Präsidenten Mohamed Bazoum versammeln sich im Juli in Niamey Foto: Sam Mednick/ap

Viereinhalb Monate nach dem Staatsstreich in Niger, bei dem der gewählte Präsident Mohamed Bazoum abgesetzt wurde, versucht es die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas nun mit Zuckerbrot und Peitsche. Die Sanktio­nen gegen die Junta um General Abdourahamane Tiani sollen zwar aufrechterhalten werden. Gleichzeitig gibt sich die Regionalorganisation gesprächsbereit, wenn nur Ex-Präsident Bazoum endlich von den Putschisten freigelassen wird.

Was sich im ersten Moment nach einem Lösungsweg aus der Krise anhört, zeigt, dass die Ecowas auch bei dem sechsten Putsch in weniger als drei Jahren gescheitert ist. Dieses Mal hat es vor allem ihr Vorsitzender, Nigerias Präsident Bola Tinubu, mit einer neuen Drohkulisse versucht. Dabei galt eine militärische Intervention von Anfang an als sehr unwahrscheinlich und von den meisten Mitgliedstaaten auch gar nicht gewollt.

Auch die Ankündigung, vorerst weiter auf Sanktionen – dazu gehören beispielsweise Grenzschließungen zu den Nachbarn Nigeria und Benin – zu bestehen, wird nicht zu einem Einlenken führen. In Niger wird es sich stattdessen so verhalten wie in Mali, Burkina Faso und Guinea: Übergangsregierungen, an deren Spitzen Militärs stehen, etablieren sich und finden Gefallen an der Macht. Zeitpläne, die die Rückkehr zur Zivilregierung zum Ziel haben, werden verschoben.

Wirklich betroffen ist die Bevölkerung. Seit Wochen werden in Niger Vorräte in Krankenhäusern knapp. Die Stromversorgung funktioniert immer schlechter, Nahrungsmittelpreise steigen. Auch verbessert sich der Kampf gegen­ Terrorgruppen – mit der miserablen Sicherheitslage sind im Sahel bisher alle Staatsstreiche begründet worden – nicht, im Gegenteil. Damit es nicht zu noch mehr Staatsstreichen kommt, müssen sich stattdessen Strukturen grundlegend ändern: Teilhabe, eine sozial durchlässigere Gesellschaft, Vertrauen in Politiker:innen, die Einhaltung von Grundrechten gehören ebenso dazu wie eine Bestandsaufnahme der Armeestrukturen. Gelingt das nicht, werden in Westafrika weitere Putsche folgen.

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Nach dem Abitur im Münsterland bereiste sie zum ersten Mal Südafrika und studierte anschließend in Leipzig, Helsinki und Kopenhagen Journalistik und Afrikanistik. Nach mehreren Jahren im beschaulichen Schleswig-Holstein ging sie 2010 nach Nigeria und Benin. Seitdem berichtet sie aus ganz Westafrika – besonders gerne über gesellschaftliche Entwicklungen und all das, was im weitesten Sinne mit Religion zu tun hat.

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