Nordkorea schießt Rakete ins All: Keine Handhabe außer Protest

Das Regime in Pjöngjang hat eine Langstreckenrakete erfolgreich gestartet. Damit kommt es dem Ziel näher, eine vollwertige Atommacht zu werden.

Kim Jong Un und Soldaten stehen vor einem Monitor

Guck auf meine Rakete: Kim Jong Un und Militärs. Foto: reuters

PEKING taz | Immerhin stellte dieser Raketenstart keine Überraschung für die besorgten Nachbarn dar. Nordkoreas Führung hatte am Samstag angekündigt, dass sie das ursprüngliche Zeitfenster zwischen dem 8. und 25. Februar für den Start einer Langstreckenrakete um einen Tag vorziehen werde. Anders als etwa bei dem unterirdischen Atomtest Anfang Januar war den Regierungen in Südkorea und Japan damit klar: Der Abschuss würde am frühestmöglichen Termin erfolgen.

So kam es dann auch. Am Sonntagmorgen gegen 9 Uhr Ortszeit feuerte das nordkoreanische Militär von einer Rampe auf der Westküste eine Langstreckenrakete ab. Das südkoreanische Verteidigungsministerium bestätigte wenige Minuten später den Abschuss der Rakete. Rund eine Viertelstunde später meldete der japanische Fernsehsender NHK, dass etwa 250 Kilometer vor der Südwestküste der koreanischen Halbinsel mindestens fünf Trümmerteile ins Ostchinesische Meer gefallen seien.

Für einen kurzen Moment meinte der japanische Sender, die Trümmer könnten auf einen Fehlstart hindeuten. Doch dieser Hoffnungsschimmer zerschlug sich rasch. Gegen Mittag Ortszeit verkündete der nordkoreanische Staatssender, dass die Rakete erfolgreich einen Satelliten in den Orbit gebracht habe. Wenige Minuten später gab Nordkoreas amtliche Nachrichtenagentur KCNA auch die genauen Daten der Umlaufbahn bekannt, in der der Satellit mit dem Namen „Leuchtender Stern“ künftig in einem Radius von etwa 500 Kilometern die Erde umrunden wird. Damit konnten auch die südkoreanischen Militärdienste ohne Aufwand nachprüfen, ob der Start gelungen war. Wenig später kam entsprechend die Bestätigung vom südkoreanischen Verteidigungsminister.

Die Protestnoten aus Südkorea, Japan und den USA ließen nicht lange auf sich warten. Die Regierung in Seoul sprach von einer „schweren Provokation“, die nicht toleriert werden könne. Für Japans Ministerpräsident Shinzo Abe stelle der Raketenabschuss eine ernsthafte Bedrohung für den Frieden der Welt dar. „Wir können das absolut nicht erlauben“, erklärte er. US-Außenminister John Kerry kündigte an, sich für „ernsthafte Konsequenzen“ einzusetzen, um Nordkorea zur Rechenschaft zu ziehen.

Selbst Chinas Führung, offiziell der noch einzig verbliebene Verbündete des Regimes in Pjöngjang, schloss sich der Kritik an – wenn auch wie gewohnt deutlich moderater. Peking bedauere den Raketenabschuss. Noch für Sonntag beantragten Japan und die USA eine Krisensitzung des UN-Sicherheitsrats.

Auf dem Weg zur Atommacht?

Viele vermuten, dass Nordkorea mit dem Abschuss einer Langstreckenrakete testet, wie weit ihr ballistisches Potenzial inzwischen reicht. Ersten Einschätzungen von chinesischen Militärexperten zufolge handelt es sich bei der am Sonntag abgeschossene Rakete um ein ähnliches Modell, wie es das Regime im Dezember 2012 schon einmal erfolgreich ins All beförderte. Der Raketentyp damals habe eine Reichweite von rund 8.000 Kilometer gehabt, der jetzige könne zwischen 1.000 und 2.000 Kilometer weiter reichen. Damit ist Nordkorea imstande, die meisten Teile Europas, Australiens, Kanadas und selbst die US-amerikanische Westküste zu treffen.

Der UN-Sicherheitsrat hatte deswegen bereits 2006 Resolutionen verabschiedet, die dem Regime verbieten, an einem solchen Programm zu arbeiten. Die Führung in Pjöngjang selbst behauptet, die Rakete vom Sonntag habe den Satelliten lediglich für Wissenschaftszwecken ins All befördert. Nordkorea übe sein „legitimes Recht auf die Weltraumforschung zu friedlichen Zwecken aus“, rechtfertigte eine nordkoreanische Nachrichtensprecherin am Sonntag das Vorgehen ihrer Regierung. Sie kündigte an, dass das Land in Zukunft noch mehr Satelliten ins All schießen werde.

Die Behauptung der „friedlichen Zwecke“ klingt jedoch auch deswegen nicht glaubwürdig, da Pjöngjang am 6. Januar abermals unterirdisch eine Atombombe gezündet hatte. Sollte es dem Regime gelingen, seine Langstreckenraketen auch atomar zu bestücken, würde Nordkorea den Status einer Nuklearmacht genießen – formal auf gleicher Höhe mit China, Russland und den USA. Das ansonsten völlig verarmte Land wäre imstande einen weltweiten Atomkrieg anzuzetteln.

Vor allem die USA drängen China dazu, verstärkt Druck auf das Regime in Pjöngjang auszuüben. Die chinesische Führung hat in den vergangenen Monaten zwar mehrfach Nordkorea aufgefordert, sich zurückzuhalten und wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Zugleich aber pflegt der „große Bruder“ auch weiter wirtschaftliche Beziehungen mit dem ansonsten von der Außenwelt völlig abgeschottetem Land.

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