Onlinewettbewerb des Goethe-Instituts: Sie sprechen Deutsch

Sechs Teilnehmende der Internationalen Deutscholympiade des Goethe-Instituts stellen sich vor. In Steckbriefen geht es um Lieblingswörter und Wünsche.

Ein Rapsfeld auf Rügen durch das ein Zug mit einer historischen Lokomotive fährt

Ein Lieblingswort eines Teilnehmers: „Atemberaubend“. Vielleicht ein Wort für dieses Rapsfeld? Foto: Jens Büttner/dpa

Wenn der Prophet nicht zum Berg kommt, muss der Berg zum Propheten kommen.“ Das Bild ist ein bisschen schief, drückt aber die Situation ganz gut aus. Eigentlich ist die Internationale Deutscholympiade – IDO, die das Goethe-Institut alle zwei Jahre ausrichtet, die Gelegenheit für etwa 150 Jugendliche aus aller Welt, ihre Kenntnisse der deutschen Sprache auszuprobieren und gemeinsam in einer Mischung aus Spaß und Wettbewerb eine deutsche Stadt zu erkunden.

Die Internationale Deutscholympiade (IDO) findet vom 3. bis 7. August erstmals digital statt. Unter dem Motto „DABEI SEIN! Die IDO kommt zu dir“ nehmen über 120 Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren aus über 60 Ländern an dem Onlinewettbewerb teil, veranstaltet vom Goethe-Institut in Kooperation mit dem Internationalen Deutschlehrerinnen- und Deutschlehrerverband www.goethe.de/ido2020

Dieses Jahr hätte es Dresden sein sollen (nach Berlin 2016 und Freiburg 2018). Weil die Jugendlichen coronabedingt nun nicht nach Deutschland kommen können, kommt die IDO eben zu ihnen – virtuell selbstverständlich. Um im Gegenzug die Welt der Jugendlichen, ihre Ideen zur Sprache, ihre Wünsche und Träume – und nicht zuletzt ihre Deutschkenntnisse – in Deutschland vorzustellen, finden sich hier sechs selbst verfasste Steckbriefe aus fünf Kontinenten. Die Einsendungen sind gekürzt, stilistische Eigenheiten wurden aber bewusst nicht geglättet. In Zeiten von KI-Übersetzungen ist es umso erfreulicher, wenn sich Menschen auf eine Sprache wirklich einlassen. Warum das Sinn macht, können die Jugendlichen selbst am besten ausdrücken.

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Hannah Gilan, 16 Jahre, Slowakei

Ich lerne Deutsch, weil ich eine Liebhaberin der deutschen Literatur bin, vor allem der Poesie. Zu meinen Lieblings­autoren gehören Erich Kästner, Friedrich Schiller und Michael Ende.

Hannah Gilan Foto: privat

Deine Lieblingsworte?

Mein Lieblingswort auf Deutsch ist das wohl eher ­ungewöhnliche Wort Eierschalensollbruchstellenverursacher. Obwohl es sich sehr kompliziert anhört, kann man aus diesem langen Wort schon entziffern, was es ist. Ein Verursacher von Sollbruchstellen auf Eierschalen.

Wann macht dir das Sprachenlernen besonders viel Spaß?

Sprachen lernen macht besonders viel Spaß, wenn man einen Bezug und gute Gründe dafür hat: Ich mag beispielsweise italienisches Essen – daher interessiert mich Italienisch; ich habe eine neue Band entdeckt, die auf Russisch singt, also habe ich angefangen, Russisch zu lernen; ab und zu fahren wir nach Ungarn und mein Vater spricht auch Ungarisch – also wollte ich auch ein bisschen Ungarisch lernen …

Was wünschst du dir für die Zukunft?

Wenn ich an meine Zukunft denke, habe ich ein klares Bild vor Augen. Nach dem Studium in Berlin leben, hier und da eine Schauspielrolle bekommen, jemanden kennenlernen, mit dem ich den Rest meines Lebens verbringen kann, zusammen an die Ostsee ziehen, ein Haus mit einer Ferienwohnung zum Vermieten kaufen, ein paar Kinder bekommen und das Leben genießen. Meine viel zu genaue Vorstellung mag sehr romantisch sein, aber Träumen ist doch nicht verboten, oder?

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Eban Ebssa Foto: privat

Eban Ebssa, 16 Jahre, USA

Ich lerne Deutsch, weil ich die Sprache liebe! Deutsch hat coole Laute und Wörter, die ich in meiner Muttersprache Englisch benutzen möchte. Außerdem würde ich gern in Deutschland ein Auslandsstudium für Informatik machen.

Deine Lieblingsworte?

Mein Lieblingswort auf Deutsch ist Handschuh, weil es eine praktische Bedeutung hat. Erst durch die deutsche Sprache wurde mir klar, dass ein Handschuh wirklich ein Schuh für die Hand ist! In meiner Muttersprache ist mein Lieblingswort aurora. Es bedeutet auf Deutsch „Polarlicht“, und ich mag es am liebsten, weil es sowohl ein schöner Name als auch ein schöner Naturblick ist.

Was interessiert dich an Sprache?

Sprachenlernen ist für mich wie Computerprogrammierung. In der Computerprogrammierung muss man erst die Grundfunktionen und -datenstrukturen verstehen, dann ist fast alles möglich! Der Fremdsprachlernprozess ist ähnlich. Wenn man die Vokabeln und die Satzstruktur versteht, kann man fast alle schönen Sätze und Geschichten bilden!

Wenn Deutschland ein Wort wäre, welches wäre es?

Wenn diese Frage gestellt wird, denken viele an deutsche Geschichte und würden Hitler oder Berliner Mauer sagen. Andere würden Wurst, Bier, Fußball oder Autos sagen. Aber für mich wäre Deutschland Verbindungen. Ich bin so überrascht, wie Deutschland seine Sprache auf der Welt verbreitet. Ich kenne keine Internationale Spanische Olympiade oder Internationale Chinesische Olympiade, die so groß und erreichbar sind wie die IDO.

Fertig! Entschuldige, wenn meine Antworten zu lang sind. Ich habe diese Fragen wirklich toll gefunden und wollte viel schreiben. Vielen Dank!

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Abraham Emilio López Contreras, 17 Jahre, Mexiko

Abraham Emilio López Contreras Foto: privat

Ich lerne Deutsch, weil es mir immer gefallen hat: wie es klingt und wie es aussieht. Als ich mit Deutsch angefangen habe, wollte ich verstehen, was verschiedene Filme, Serien, Musik und Bücher sagten. Ich hatte begonnen, die deutsche Kultur zu untersuchen, und fand es superschön.

Deine Lieblingsworte?

Mein Lieblingswort auf Deutsch ist wahrnehmen, weil die Idee, dass es bei unserer Erfahrung im Leben völlig darauf ankommt, wie wir es „nehmen“, wunderbar ist. Wir alle nehmen verschiedene Dinge unterschiedlich wahr, und das bedeutet nicht, dass jemand Unrecht hat. In meiner Muttersprache ist mein Lieblingswort superfluo. Es bedeutet auf Deutsch überflüssig, und ich mag es am liebsten, weil: wenn man daran denkt, ist alles ganz überflüssig. Wir wissen das schon, aber wir gehen noch weiter und versuchen so viel wie möglich aus unserem Leben zu machen

Was möchtest du werden?

Ich bin noch nicht sicher, aber egal, welchen Abschluss ich mache, wo ich wohne oder was meine Freuden sind, will ich natürlich Leuten helfen. Die Welt ist ein ganzes Chaos, und als die junge Generation müssen wir dieses Chaos verantworten. Keine Generation hatte ein einfaches Leben: Kriege, Hunger, Armut … Wir sind keine Ausnahme.

Was interessiert dich an Sprache?

Verschiedene Länder haben natürlich verschiedene Geschichten. Obwohl die Leute es nicht bemerkt haben, nimmt jede Sprache einen großen Teil des Wesens des Landes auf sich, und wenn man eine Sprache lernt, kann man der Kultur ein bisschen näherkommen. Sprachen sind ignorierte, aber offene Fenster, die man oft als selbstverständlich ansieht, die aber viel über unsere Vergangenheit erklären und darüber, wer wir sind.

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Samantha Romija, 17 Jahre, Neuseeland

Samantha Romija Foto: privat

An Deutschland mag ich besonders das Sprudelwasser! Ich habe zunächst gedacht, dass es mir nicht gefallen würde, aber als ich in Deutschland war, bin ich richtig süchtig nach diesem Getränk geworden! An meinem Heimatland mag ich vor allem die Natur – wir haben viele einheimische Vögel (die Kiwis zum Beispiel), und ich fühle mich ganz glücklich, dass ich in so einem schönen Land wie Neuseeland wohne.

Deine Lieblingswörter?

Mein Lieblingswort auf Deutsch ist die Bezeichnung Ka­ker­lake, weil es mir Spaß macht, dieses Wort auszusprechen! Das Wort klingt einfach schon so wie eine Kakerlake, und das finde ich lustig!

Was interessiert dich an Sprache?

Meiner Meinung nach sind Sprachen wie eine Brücke zu anderen Ländern und Kulturen – ohne diese Brücke könnten wir gar keine Beziehungen miteinander haben. Wenn man wirklich ernsthaft darüber nachdenkt, sieht man, dass Sprachen irgendwie magisch sind. Ich habe einen Austausch gemacht und war dadurch drei Monate in Deutschland – als ich da war, habe ich gemerkt, dass ich diese fantastischen Leute ohne Deutsch nicht echt kennenlernen würde – ich würde ihre Witze nicht witzig finden, ich würde ihre Freundlichkeit nicht schätzen und, am wichtigsten, ich würde ihre echte Persönlichkeit nicht erkennen. Vielleicht gibt es noch viele andere Leute, die perfekt zu einem passen würden, aber die sind dann unerreichbar, weil sie eine andere Sprache sprechen, die man nicht versteht. Deshalb liebe ich Deutsch und möchte auch andere Sprachen lernen – ich möchte nicht, dass ich wunderschöne Leute verpasse.

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Farhan Ahmed Foto: privat

Farhan Ahmed, 16 Jahre, Indien

An Deutschland mag ich vor allem zwei Dinge: die deutsche Kultur und die deutsche Geschichte! Die Toleranz und der Multikulturalismus Deutschlands sind wirklich seine bestimmenden Schätze.

Deine Lieblingsworte?

Auf Deutsch ist „Götterfunken“ mein Lieblingswort. Es erinnert mich daran, das Glück ein göttlicher Funke ist. In meiner Muttersprache Hindi ist गगनचुम्बी (Gagan-chumbi) mein Lieblingswort. Es bedeutet wörtlich „den Himmel küssen“. Das Wort bezieht sich auf Wolkenkratzer und alles, was wirklich groß ist. Es ist ein Adjektiv und beschreibt etwas als so groß, dass es den Himmel küsst. Es kann auch verwendet werden, um ein Gefühl, ein Verlangen oder eine Leidenschaft als wirklich intensiv zu beschreiben.

Was interessiert dich an Sprache?

Die Sprache ist wie eine Linse, durch die man schaut und neue Perspektiven bekommt. Verschiedene Sprachen verleihen dem eigenen Weltbild unterschiedliche Farben. Und jede Sprache ist von Natur aus an die jeweilige Kultur gebunden. Und ein multikulturelles Verständnis, das Verstehen einer anderen Sprache ermöglicht es den Menschen, in fremden Schuhen zu laufen.

Wenn Deutschland ein Wort wäre, welches wäre es?

Wenn Deutschland ein Wort wäre, wäre es für mich sicherlich das Wort atemberaubend. Weil eine Nation wie Deutschland nicht einfach in einem Wort zusammengefasst werden kann. Es muss erlebt werden. Deutschland ist nur als Gefühl zu erfassen. Und dieses Gefühl ist „atemberaubend“.

Hellmuth Weich Foto: privat

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Hellmuth Weich, 17 Jahre, Südafrika

Mein Lieblingswort auf Deutsch war mir kaum einfach zu wählen, aber es wäre wahrscheinlich Treppenwitz, weil es so ein allgemeines Konzept auf so eine geniale, doch einfache Weise beschreibt. In meiner Muttersprache ist es auch schwer, nur ein Lieblingswort zu wählen, aber da ist es kwaai (ausgesprochen: „quei“). Übersetzt bedeutet es „zornig“, aber es wird in der Umgangssprache als „cool“ gebraucht. Es ist auch etymologisch verbunden mit dem deutschen Wort „Kot“. Warum mag ich das Wort? Wie kann man es nicht mögen!

Welche Sprache/n lernst du außer Deutsch noch?

Norwegisch, Isländisch, Altnordisch und so ein bisschen Französisch. Ich hatte seit meinen Kinderjahren eine große Faszination für die mittelalterliche Geschichte und vor allem die Wikinger. Vor zwei Jahren langweilte ich mich in einer Nacht und beschloss, die Sprache der Wikinger zu lernen. Ich fand sie unglaublich interessant, und da ich genug gelernt habe, um die meisten alten Texte lesen zu können, wollte ich mehr von ihren modernen Nachkommen wissen, und deshalb begann ich auch Norwegisch und Isländisch zu lernen. Ich kann nicht wirklich beschreiben, was ich so interessant daran finde. Vielleicht ist es ihre Geschichte, die Kulturen, die mit ihnen verbunden sind, oder nur die Schönheit der Sprachen selbst. Französisch lerne ich hauptsächlich, weil mich die Kultur interessierte und weil es die einzige Sprache (außer Deutsch) ist, die angeboten wird in meiner Nähe.

Wenn Deutschland ein Wort wäre, welches wäre es?

Wäre Deutschland ein Wort, wäre es Redemption. Es ist ja ein hässliches englisches Wort, aber ich konnte keine befriedigende Übersetzung finden. Warum? Weil Deutschland aus seiner schrecklichen Geschichte lernt. So scheint es mir hier im Ausland.

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