Palästina in der UNO: „Die Lage ist sehr gefährlich“

Die Palästinenser wollen vor der UN-Vollversammlung die Aufwertung ihres Status beantragen. Die Parlamentarierin Hannan Aschrawi über das Gefühl, in einer Falle zu stecken.

Die Palästinenser wollen ihren Status in der UNO-Vollversammlung aufgewertet haben. Bild: dapd

taz: Palästinenserpräsident Mahmud Abbas will am Donnerstag vor der UN-Vollversammlung die Aufwertung der PLO von der „beobachtenden Körperschaft“ zum „beobachtenden Nichtmitgliedstaat“ beantragen. Was gewinnen die Palästinenser damit?

Hannan Aschrawi: Als Staat anerkannt zu werden ist extrem wichtig für uns. Eine UN-Mitgliedschaft kann warten, aber die Anerkennung als Staat wird uns helfen, unsere Grenzen auf der Basis von 1967 zu definieren mit Jerusalem als Hauptstadt. Sie würde zudem endlich festhalten, dass Palästina besetztes Land ist und nicht, wie Israel behauptet, umstrittenes Gebiet.

Mit der Anerkennung als Nichtmitgliedstaat hätten die Palästinenser die Möglichkeit, internationalen Organisationen beizutreten und in Anspruch zu nehmen, darunter auch den ICJ (Internationaler Gerichtshof) und dem ICC (Internationaler Strafgerichtshof).

wurde 1946 in Nablus im Westjordanland geboren. Sie ist Mitglied im PLO-Exekutivkomitee und unabhängige Abgeordnete im palästinensischen Parlament.

Wann rechnen Sie mit einem Votum über den Antrag?

Wir befinden uns derzeit noch in Beratungen über den Termin, mit den Arabern, den Europäern, denn wir wollen natürlich ein möglichst umfassendes Abstimmungsergebnis. Unsere Entscheidung ist getroffen, das Datum ist flexibel. Wir hoffen, dass es noch in diesem Jahr passiert.

Nach dem misslungenen Versuch vor einem Jahr, volles UN-Mitglied zu werden, erscheint der neue Antrag wie ein Akt der Verzweiflung. Fürchten Sie einen Volksaufstand?

Das palästinensische Volk ist verständlicherweise sehr wütend und frustriert. Es herrscht das Gefühl, in einer Falle zu stecken. Es gibt die territoriale Belagerung, die militärische, die politische, und nun haben wir eine wirtschaftliche Belagerung. Das Problem ist, dass wir nicht die Kontrolle über alle Faktoren unserer Realität haben. Ich verstehe deshalb die Frustration der Leute, die sich aktuell festmacht an der wirtschaftlichen Krise, an dem Mangel an politischen Möglichkeiten und dem Gefühl, dass alle Wege versperrt wurden. All das geht einher mit provokativen, ungerechten, unilateralen Maßnahmen der Israelis.

Halten Sie es für möglich, dass sich der Unmut gegen die eigene Führung Luft machen wird?

Die Unruhen können sich gegen die palästinensische Führung richten oder gegen die Besatzung oder beides. Tatsache ist, dass es so nicht weitergehen kann. Die Lage ist sehr gefährlich.

Die Palästinenser und allen voran Regierungschef Salam Fayyad strebten bis vor einem Jahr die Staatsgründung an und scheiterten. Welche Strategie verfolgen die Palästinenser seither?

Was wir wollen, ist, die Besatzung loszuwerden. Das Problem ist, dass jeder Weg dazu verbaut wurde. Wir haben die öffentliche Ordnung aufrechterhalten und unter schwersten Bedingungen staatliche Institutionen errichtet. Das als Scheitern zu bezeichnen ist nicht fair. Tatsache ist, dass die internationale Gemeinschaft einerseits Israel Zeit und Raum gab, die palästinensischen Rechte weiter zu verletzen und Siedlungen zu bauen. Und andererseits hinderte sie uns an jedem möglichen politischen Durchbruch.

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