Parlamentswahlen in Kroatien: Konservative gegen Sozialdemokraten

Bei den Parlamentswahlen in Kroatien geht es um nichts Geringeres als Europas Zukunft. Und die weitere Unterstützung für die Ukraine.

Wahlplakate an einer Straße.

Wahlplakate der konservativen Partei HDZ in Zagreb Foto: Darko Bandic/ap

SARAJEVO taz | Überschattet von innenpolitischen Krisen hält das Nato- und EU-Mitgliedsland Kroatien am Mittwoch Parlamentswahlen ab. 151 Sitze sind im Sabor, dem kroatischen Parlament, zu besetzen, und die konservative Regierungspartei HDZ von Ministerpräsident Andrej Plenković könnte die Oberhand behalten. Die Regierung wird allerdings von den Sozialdemokraten SDP herausgefordert, die gemeinsam mit anderen kleineren oppositionellen Parteien unter Präsident Zoran Milanović angeführt wird.

Dabei zieht Milanović alle Register, um an Plenković vorbeizukommen und die Macht zu erreichen. Er will auch am rechten Rand fischen. Milanović wird bei der Wahl also direkt für ein Abgeordnetenmandat antreten. Als Ministerpräsident verspricht er sich einen Machtzuwachs. Als Präsident waren seine populistisch-antidemokratischen außenpolitischen Akzente bedeutungslos. Nachdem Milanović die Wahl angesetzt hatte, stürzte er sich für die sozialdemokratische SDP in den Wahlkampf.

Doch das Verfassungsgericht intervenierte und erklärte, Milanović müsse erst als Präsident zurücktreten, um sich um einen Sitz im Parlament bewerben zu können. Dieser aber ignorierte die Entscheidung des Verfassungsgerichts, blieb im Amt und setzte seinen Wahlkampf für das von der SDP angeführte Parteienbündnis fort.

Aber: Mit dieser Entscheidung, als Präsident den Sabor aufzulösen und Neuwahlen auszuschreiben, lässt sich Milanović auf ein schwieriges Machtspiel ein. Die Gerichte müssen darüber endgültig entscheiden. Im Augenblick geht alles noch seinen Gang. Die Wahlen werden am Mittwoch stattfinden. Plenković hat sich in den letzten Jahren in den Augen Brüssels als zuverlässiger Partner der EU erwiesen.

Vorboten für EU-Wahl und Präsidentschaftwahl

In der Ukrai­ne-Frage hat er sich auf die Seite des Westens gestellt, während Milanović russischen Positionen nicht abgeneigt ist und in der Kritik an Europa oft mit Ungarns Staatschef Orbán und der neuen slowakischen Führung übereinstimmt. Milanović wäre, falls er gewählt würde, für die liberalen Demokratien ein Unsicherheitsfaktor auf dem Balkan. Die meisten Umfragen sagen einen Sieg der HDZ voraus. Allerdings ohne Mehrheit, um allein regieren zu können.

Doch die Parteien im rechtskonservativen Lager stehen bereit. Zudem wird Plenković sich nicht scheuen, wie bisher mit der serbischen Partei eine Koalition einzugehen. Sollte die HDZ an der Macht bleiben, dürfte Kroatien seinen prowestlichen Kurs beibehalten und vor allem an der Hilfe für die Ukraine festhalten. Ein Erfolg für die SDP könnte zu weiteren Erfolgen Milanović’ bei den Wahlen für das EU-Parlament im Juni und für das Präsidentenamt im Dezember führen.

Bei Umfragen kann Plenković mit 60 Sitzen im Parlament rechnen, während für die SDP etwas mehr als 40 Sitze prognostiziert werden. Die rechtskonservativen Parteien Most und DP könnten mit jeweils 10 Prozent der 4,5 Millionen Wahlberechtigten rechnen. Für die SDP sollen sich lediglich 22 Prozent ausgesprochen haben, die links-grüne Partei Mosemo, die in Zagreb den Bürgermeister stellt, wird im gesamten Land bei 8 bis 9 Prozent liegen.

Wahlen ohne politischen Inhalt

Doch so ganz aussichtslos ist Milanović nicht. In der Bosnien-Frage hat er Plenković rechts überholt und mit den serbischen Nationalisten und Milorad Dodik angebändelt. Das haben die Bündnispartnern von Plenković in Bosnien, die HDZ-BiH unter Dragan Čović zwar auch, doch man wird sehen, wie sich die bosnischen Kroaten entscheiden, die mit dem Ukraine-Kurs Plenković’ nicht glücklich sind.

Der Polit-Experte Žarko Puhovski kritisiert, dass die Wahlen keinen politischen Inhalt haben. „Wir hatten überhaupt keine Diskussionen. Milanović hat das Programm abgesagt. Plenković ist in die gleiche Richtung gegangen.“ Er glaubt, dass SDP und HDZ ähnlicher sind als je zuvor, und verweist aber auf die Haltung im Ukrainekrieg. „Zwischen uns und der Ukraine liegt nur Ungarn, wir sind nicht so weit entfernt, es ist nicht so, dass er uns nichts angeht“, sagte er.

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