Perspektiven des DFB-Teams: Die Zukunft der goldenen Azubis

Wird Deutschland 2014 in Brasilien endlich Weltmeister? Vielleicht, denn aus dem vorbildlichen Fördersystem wird ein Schub weiterer Talente erwartet.

Hatte noch nur wenige Einsatzminuten und eine Chance gegen Spanien: Toni Kroos (re). Bild: dpa

BERLIN taz | Vielleicht wähnten sich am Samstag einige deutsche Nationalspieler in einer Zeitschleife. Wieder wurden sie wie bei der WM 2006 als Dritter nur mit Bronze dekoriert. Unter den DFB-Sachverständigen ist man sich aber einig: Es wird vieles anders. Es wird besser. Die Zukunft leuchtet golden. Joachim Löw hat trotz aller Erfolge während des Turniers stets betont, dass er ja eigentlich noch ein Azubi-Team anleite. Und Sportdirektor Matthias Sammer erklärte unlängst in der Frankfurter Rundschau mit kämpferischer Verve: "Wer denkt, wir sind bereits am Ende angekommen, der irrt. Wir stehen erst am Anfang einer sehr positiven Entwicklung."

Der Anfang, das war mehr als nur die reibungslose Integration der Jungspunte Toni Kroos und Thomas Müller sowie der sechs U-21-Europameister in den WM-Kader. Die unerfahrenen Manuel Neuer, Sami Khedira und Mesut Özil füllten auch noch mit Bravour Schlüsselpositionen im deutschen Spiel aus. Nur Dennis Aogo, Serdar Tasci und Marko Marin bekamen zu wenig Einsatzzeiten, um ihre vielversprechenden Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Wie bei der WM 2006 machte bei diesem Turnier der Terminus der "goldenen Generation" die Runde. Dieses Mal mit noch größerer Berechtigung.

Aber was kommt danach? Talente ohne Ende, so wie es Sammer andeutete? Auch der frühere Bundesligaprofi Jens Todt, der heute als Nachwuchskoordinator beim VfL Wolfsburg arbeitet, ist überzeugt, dass die nachkommenden Talente auf einem vergleichbaren Niveau spielen werden: "Der Deutschen Fußball Liga ist es mit ihrem im Jahre 2001 reformierten Lizenzierungsverfahren gelungen, ein engmaschiges Netz über Deutschland zu spannen, durch das kaum noch ein Talent unentdeckt schlüpfen kann."

Damals machte die DFL den Erst- und Zweitligisten zur Auflage, Nachwuchsleistungszentren aufzubauen. Bestimmte Bedingungen, wie hauptamtlich tätiges Personal, eine gewisse Anzahl von Internats- und Rasenplätzen mussten erfüllt werden. Um die Qualitätsstandards zu verbessern, führte die DFL ein Zertifizierungssystem ein. Alle drei Jahre wird die Nachwuchsarbeit der Vereine bewertet und mit einem, zwei oder drei Sternen versehen. Als Anreiz erhalten die besten Talentschmieden das meiste Geld.

Ausgangspunkt dieser DFL-Maßnahme war das katastrophale Abschneiden der deutschen Nationalmannschaft bei der EM 2000. Damals füllte der 39-jährige Lothar Matthäus bei der 0:3-Niederlage gegen eine portugiesische B-Auswahl die bei den anderen Teams längst abgeschaffte Position des Liberos aus. Allein auf dem verletzungsanfälligen Sebastian Deisler lasteten die Zukunftshoffnungen des deutschen Fußballs.

Der DFB ergänzte den zentralistischen Ansatz der DFL durch die Installierung eines dezentralen Stützpunktsystems. Inzwischen werden an 366 Orten im ganzen Land einmal pro Woche 14.000 Spieler im Alter von 11 bis 14 Jahren zu einem zusätzlichen Training gebeten, um technische und taktische Fertigkeiten spielerisch einzuüben. Die Erfolgsbilanz der deutschen Nachwuchsbemühungen nimmt sich gerade im Vergleich mit der Vergangenheit imposant aus. In der Saison 2008/09 wurden die deutschen U17-, U19- und U21-Nationalmannschaften jeweils Europameister. Zuvor war man im Juniorenbereich 16 Jahre lang ohne Titel geblieben.

Hermann Hummels, der Nachwuchskoordinator von Bayern München, verweist wie Todt auf die verstärkten Bemühungen der Vereine. Diego Contento etwa, der Außenverteidiger des FC Bayern, sei bereits seit der G-Jugend, also seit er fünf ist, im Verein. Ihm traut er den Sprung nach ganz oben zu. Aber eigentlich will er keine Namen nennen. Den seines 21-jährigen Sohnes Mats Hummels schon gar nicht ("Das schadet eher"). Den Verteidiger hätten viele gern in Südafrika gesehen, weil er bei Borussia Dortmund mit seiner Ballsicherheit und guten Spieleröffnung herausragte. Auch den Zwillingen Lars und Sven Bender (Leverkusen und Dortmund), beide äußerst mannschaftsdienliche und laufstarke Mittelfeldakteure, wird seit geraumer Zeit eine große Zukunft vorausgesagt.

Aber selbst die größten Talente seien unvorhersehbaren Schwankungen ausgesetzt, sagt Hermann Hummels. Und umgekehrt machten Akteure von sich reden, mit denen niemand gerechnet habe, wie vergangene Saison der Gladbacher Mittelfeldspieler Marco Reus (21) und der Leverkusener Verteidiger Stefan Reinartz (21).

Gut möglich, dass in vier Jahren bei der WM in Brasilien einer der U17-Europameister vom letzten Jahr auftrumpfen wird. Der 18-jährige Verteidiger Shkodran Mustafi etwa, der beim Premier-League-Club FC Everton unter Vertrag steht, oder die gleichaltrigen Christopher Buchtmann und Reinhold Yabo, die an den Profikader des 1. FC Köln herangeführt werden sollen. Aber Prognosen in diesem Bereich sind heikel. Nach der WM 2006 in Deutschland nannte Joachim Löw namentlich Mario Gomez, Stefan Kießling, Eugen Polanski und Kevin-Prince Boateng als mögliche Perspektivspieler für die WM 2010. Polanski war gar nicht dabei, und bis auf Boateng hat in Südafrika keiner der Kandidaten eine besondere Rolle gespielt. Der glänzte allerdings im Trikot von Ghana.

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