Polizei will Überwachungskamera: Unter dem Auge des Gesetzes

In der Lessingstraße in Bremerhaven sollen Polizeikameras installiert werden. Eine Datenschützerin hat keine grundsätzlichen Bedenken.

Den Sperrbezirk im Blick: Die Bremerhavener Polizei will Überwachungskameras Bild: dpa

BREMEN taz | Die Lessingstraße, der traditionelle Standort der Bremerhavener Rotlicht-Szene, soll künftig mit polizeilichen Kameras überwacht werden. Auf Antrag der CDU-Fraktion hat das der Magistrat beschlossen, nun wird die geplante Maßnahme rechtlich geprüft. Laut Magistratssprecher Helmut Stapel geht es dabei um die erste polizeiliche Kameraüberwachung in Bremerhaven im öffentlichen Raum.

Der Vorgang ist jedoch auch aus einem anderen Grund bemerkenswert: Bilder von in der Lessingstraße installierten Überwachungskameras sorgten vor einem Jahr für große Aufregung und lenkten den Blick auf juristische Grundsatzfragen.

Die Aufnahmen, die einen mutwillig verursachten Autounfall in der Lessingstraße zeigten, stammten von einem privaten Gerät. Sie waren illegal: Ein Bordellbesitzer, der diesbezüglich schon wiederholt Ärger mit den Behörden hatte, nahm sie mit einer am Fenster angebrachten Kamera auf, die verbotenerweise die Straße überwachte.

Der Kamerabesitzer wurde abgemahnt, seine Bilder aber dennoch zur Beweisaufnahme vor dem Bremer Landgericht zugelassen. Die Bremerhavener Piraten sahen darin eine eklatanten Rechtsbruch.

Doch während etwa in den USA in der Tat der juristische Grundsatz gilt, dass die Früchte eines verbotenen Baumes nicht geerntet werden dürfen („Fruits of the forbidden Tree“-Doktrin), ist in Deutschland eine solche scheinbare, widersprüchliche Rechtsposition durchaus möglich. Um sie künftig trotzdem zu vermeiden, strebt die Bremerhavener Polizei nun ihre Kamera-Premiere in der Lessingstraße an.

Bremerhavens Ausschuss für öffentliche Sicherheit wartet nun auf ein Statement des Datenschutzes, bevor er eine eigene Stellungnahme abgibt. Der taz sagt Bremens Datenschutzbeauftragte Imke Sommer, die ihren Dienstsitz unter demselben Dach wie die Bremerhavener Polizei hat, dass sie keine grundsätzlichen Bedenken hege.

Ihre Behörde befinde sich derzeit in enger Abstimmung mit der Polizei: „Die wollen das alles richtig machen!“ Überhaupt seien die Bremerhavener Behörden deutlich sensibler in Sachen Datenschutz als ihre Stadt-bremischen Pendants. Nicht auszuschließen, dass das auch mit der räumlichen Distanz zu tun hat: Die Datenschützer sind die einzige Landesbehörde, die ihren Dienstsitz noch in der Seestadt haben.

Die Polizei begründet ihre Kamera-Initiative mit Straftaten wie Raub und Körperverletzungen, auch Verstöße gegen die sexuelle Selbstbestimmung werden genannt. Per Sperrbezirks-Verordnung ist die Lessingstraße seit Kurzem der einzige legale Prostitutions-Ort Bremerhavens.

In der Tat gab es dort 2013 neun Ermittlungen wegen Zwangsprostitution und Menschenhandels, im selben Jahr wurde eine Minderjährige aus einem ungarischen Kinderheim in der Lessingstraße aufgegriffen. Ambivalent bleibt die polizeiliche Kamera-Initiative aus Sicht der LessingsträßlerInnen dennoch: Einem etwaigen Zuwachs an Sicherheit stünde eine mögliche geschäftsschädigende Wirkung gegenüber.

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