Polizeieinsätze auf Hamburg-St. Pauli: Immer wieder übertrieben

Be­am­t*in­nen nehmen einen Mann fest, der sich beschwert, dass ihr Polizeiauto eine Feuerwehrzufahrt blockiert. Der Konflikt eskaliert – wie so oft.

Ein Polizeischiff fährt vor der Hafenstraße über die Elbe.

In St. Paulis Hafenstraße gibt es sehr häufig Polizeikontrollen – allerdings nicht vom Wasser aus Foto: Hanno Bode / Imago

HAMBURG taz | In der Hafenstraße auf St. Pauli ist am Wochenende zum wiederholten Male ein Polizeieinsatz eskaliert. Es war ein harmloser Anlass, der mit den Festnahmen zweier Männer ­endete.

In der Hafenstraße kommt es regelmäßig zu Konflikten zwischen Anwohnenden und der Polizei. 2016 hat der Senat St. Pauli zum „gefährlichen Ort“ erklärt. Deshalb darf die Polizei hier verdachtsunabhängig Passanten kontrollieren. Im Wesentlichen geht es darum, den Drogenhandel einzudämmen.

Am frühen Samstagmorgen machte ein Gast einer Geburtstagsfeier im nahe gelegenen „Buttclub“ einige Po­li­zis­t*in­nen darauf aufmerksam, dass ihr Einsatzfahrzeug eine Feuerwehreinfahrt blockiere. Daraufhin erhielt er einen Platzverweis. Als er sich entfernte, folgten ihm die Be­am­t*in­nen nach eigenen Angaben mit einiger Distanz.

Der Mann ging jedoch wieder zurück zum „Buttclub“, wie Frank John erzählt, der ebenfalls auf der Feier zugegen war. Daraufhin ging ein Polizist in den Club und forderte den Mann auf mitzukommen. Weil dieser sich weigerte, forderten die Be­am­t*in­nen Verstärkung an. Obwohl die Veranstalterin versicherte, dass er ein geladener Gast sei, brachten die Be­am­t*in­nen den Mann auf die David­wache.

Der Vorfall setzt eine Reihe eskalierter Polizeieinsätze der letzten Wochen auf St. Pauli fort

John findet dieses Vorgehen illegitim. Platzverweise dienten der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und beträfen somit seines Wissens keine privaten Veranstaltungen wie den „Buttclub“. Aus Sicht der Polizei schließen entsprechende Maßnahmen allerdings auch umliegende Lokalitäten ein, weswegen die Be­am­t*in­nen zunächst vor der Bar auf den Mann gewartet hätten.

Nach der Festnahme seien 15 bis 20 Personen von der Party zur Davidwache gekommen, um dagegen zu protestieren, teilte die Polizei mit. Dort wurde ihnen jegliche Auskunft verweigert, weswegen John einen Beamten mit seinem Handy fotografierte, als dieser weder seine Personalien noch seine Dienstnummer herausgeben wollte.

Nachdem ihm das Telefon abgenommen wurde, forderte der Einsatzleiter die Gruppe zum Gehen auf, wie John berichtet. Zu diesem Zeitpunkt traf schon Verstärkung von anderen Wachen ein, die nun den Eingang blockierten. Dem Gedächtnisprotokoll einer Protestierenden zufolge schlugen sie mit Schlagstöcken auf die Gruppe ein. In dem Gerangel wurde Frank John wegen Beamtenbeleidigung in Gewahrsam genommen.

Nachdem der Rest der Gruppe auf die Straße gedrängt worden war, setzte die Polizei Pfefferspray ein. Der Schichtleiter habe diesen Angriff damit gerechtfertigt, dass es „in einem Ausnahmezustand Schmerzen geben muss“ und die beteiligten Personen des Platzes verwiesen werden müssen. Frank John und der schon im „Buttclub“ festgenommene Mann kamen gegen sechs Uhr morgens wieder frei.

Der Vorfall setzt eine Reihe eskalierter Polizeieinsätze der letzten Wochen in St. Pauli fort. Die Polizeipräsenz heize die Stimmung zunehmend an, findet Viktor Marek, der zum „Golden Pudel Club“ gehört. Anfang August wurde dort ein Mitarbeiter mit dunkler Hautfarbe wegen eines vermeintlichen Drogendeals verhaftet. Der Club vermutet dahinter rassistische Motive.

In einem Statement wirft er der Polizei vor, die ortsbezogene „traditionelle Idee eines diversen, unabhängigen und antiautoritären Miteinander der Communitys nicht selten mit Füßen zu treten“. Zwei Monate zuvor hatten Po­li­zis­t*in­nen ein Fenster in der Volxküche eingeschlagen. Drei mutmaßliche Dealer sollten sich in den linken Szenetreff in der Hafenstraße geflüchtet haben.

Copwatch Hamburg kritisiert, dass die Polizei an solchen sogenannten gefährlichen Orten „willkürlich und rechtswidrig“ agiere, da keine unabhängige Beschwerdestelle existiere.

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