Post für Bundestagsabgeordnete: Schavan informiert lieber Freunde

Förderprojekte in den Wahlkreisen interessieren die Bundestagsabgeordneten. Doch die Ministerin verschickt Infopost bevorzugt an Koalitionsabgeordnete.

Fraktionsübergreifendes Interesse: Annette Schavan schickt ihre Infopost bevorzugt an Koalitionsabgeordnete Bild: dapd

BERLIN taz | Für einen Bundestagsabgeordneten sind die Projektsteckbriefe aus dem Bundesforschungsministerium eine feine Sache: Er erfährt darin regelmäßig, welche Projekte in seinem Wahlkreis gefördert werden – und kann damit direkt bei den Bürgern um seine Wiederwahl werben.

Anfang des Jahres wurde bekannt, dass Ministerin Annette Schavan (CDU) diese Infopost allerdings ausschließlich an die Abgeordneten der Regierungskoalition verschickte. Die Opposition war sauer, Schavan kündigte Gleichbehandlung an.

Doch so richtig gleich sei die Informationsversorgung aus dem Bundesforschungsministerium noch immer nicht, kritisieren nun Politiker der SPD-Fraktion. „Die Information über Projekte und Vorhaben an die Opposition ist weiterhin ausgesprochen dürftig“, sagte SPD-Haushaltspolitiker Klaus Hagemann der taz.

Ganze neun Oppositionsabgeordnete stehen inzwischen auf der Empfängerliste der Projektsteckbriefe. Das hat eine Nachfrage von Hagemanns Kollegin Marianne Schieder, Mitglied im Forschungsausschuss des Bundestages, ergeben. Schavans Staatssekretär Thomas Rachel antwortete ihr im Bundestag, dass das Forschungsministerium inzwischen fünf Mitglieder der SPD-Fraktion, drei Grüne und eine Abgeordnete der Linken ebenfalls mit Projektsteckbriefen versorge. Das Ministerium sei „gerne bereit“, „jeden Abgeordneten des Deutschen Bundestages schriftlich über neue Projekte in seinem Wahlkreis zu informieren“. Es hätten bloß nicht alle nachgefragt.

Oppositionabgeordnete müssen erst einen Antrag stellen

Darüber wundert sich nun die SPD-Fraktion. Nach der ersten Kritik an der einseitigen Informationspraxis des Forschungsministeriums hatte Schavan in einem Brief an die Bundestagsmitglieder festgestellt, dass es offenbar ein „fraktionsübergreifendes Interesse an der Projektförderung“ gebe.

Die Oppositionsparteien verstanden das als Ankündigung, dass Schavan ihre einseitige Informationspolitik aufgeben wolle. Tatsächlich werden die Koalitionsabgeordneten automatisch informiert, Politiker der Opposition aber erst nach Antrag.

Im Ministerium kann man die Aufregung nicht verstehen und verweist auf den hohen Aufwand, den das Verschicken der Infopost im Haus verursache. Die Projektsteckbriefe sollen ohnehin auf Dauer auslaufen. Über ein Internetportal sollen sich die Abgeordneten künftig eigenständig über geförderte Vorhaben in ihren Wahlkreisen informieren können.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.