Programm der EU-Kommission: Umwelt landet in der Gedöns-Kiste

Das erste Arbeitsprogramm der Juncker-Garde liegt vor. Unter anderem sollen geplante Richtlinien zu Ökosteuern und Recyclingzielen gestoppt werden.

Fehlt nur noch das jeweilige Label. Bild: imago/Chromorange

BRÜSSEL taz | Weniger Umweltschutz, weniger Sozialpolitik, keine neuen Gesetze zur Regulierung der Finanzmärkte: Die EU-Kommission hat ein Arbeitsprogramm mit einer ausgesprochen (neo-)liberalen Handschrift vorgelegt. Er werde 2015 nur 23 neue Initiativen starten und damit viel weniger als sein Vorgänger, sagte Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker stolz.

Zugleich will Juncker 83 EU-Gesetze zurückziehen oder verändern. Das führt nun zu Protest. Von dem Streichkonzert, das als „Entschlackung“ und „bessere Gesetzgebung“ verkauft wird, sind vor allem Umwelt- und Sozialgesetze betroffen. Unter Federführung des Niederländers Frans Timmermans sollen geplante Richtlinien zu Ökosteuern und Recyclingzielen gestoppt werden.

Die Begründung des Sozialdemokraten Timmermans, es gehe um Bürokratieabbau, sei „neoliberaler Neusprech“, schimpfte der Grüne Sven Giegold.

Kritik an der Entsorgung des Abfallpakets gab es sogar aus der konservativen Europäischen Volkspartei, der auch Juncker angehört. Der Europaabgeordnete Karl-Heinz Florenz (CDU) sagte, er wundere sich, dass Timmermans das Abfallpaket zurückziehe, mit dem „580.000 neue Arbeitsplätze in der EU geschaffen werden“ könnten.

Auch eine geplante Mutterschutz-Richtlinie will Brüssel streichen, weil sie seit Jahren nicht vorankommt. Die Kommission setzte aber eine letzte sechsmonatige Frist, um doch noch eine Einigung zu erzielen.

Kritik von mehreren Seiten

Junckers Arbeitsprogramm sei in Wahrheit ein „Arbeitsverweigerungsprogramm“, sagte Giegold. Dies gelte vor allem bei der Finanzmarkt-Regulierung. „Dort sind fast keine neuen Maßnahmen geplant, das ist eine Wende rückwärts“, sagte Giegold der taz. Offenbar habe hier bereits der neue britische Finanzmarktkommissar Jonathan Hill seine Handschrift hinterlassen. Hill plane zwar eine neue „Kapitalunion“ – doch das sei mehr eine Marktöffnung als eine Regulierung.

Auf massive Kritik stieß auch die Streichung der lange versprochenen Europäischen Stiftung. „Hier wurde der Rotstift falsch angesetzt“, kritisierte der Bundesverband Deutscher Stiftungen. Juncker erschwere damit die gemeinnützige Arbeit.

Verärgert und enttäuscht ist nicht zuletzt der Europäische Gewerkschaftsbund: Junckers Programm enthalte keinen einzigen Vorschlag zugunsten der Arbeitnehmer, klagte EGB-Generalsekretärin Bernadette Ségol. „Alles für den Markt, nichts fürs Soziale“, sei das Signal, das Juncker gebe.

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