Prozess um Kirchenasyl: Aus und Amen!

Dass eine Äbtissin vor Gericht muss, weil sie Flüchtlingen geholfen hat, ist traurig. Und bezeichnend für eine irregeleitete Politik des Bamf.

Portrait Abtissin Mechthild Thürmer

Ihr „Vergehen“ heißt Nächstenliebe: Abtissin Mechthild Thürmer Foto: Nicolas Armer/dpa

Dass es am Ende kein Freispruch war, sondern „nur“ eine Einstellung des Verfahrens – geschenkt. Hauptsache, die Sache hat nun ein Ende. Zweieinhalb Jahre hat sich das Amtsgericht Bamberg Zeit gelassen. Zweieinhalb Jahre, in denen ein Amtsrichter die Äbtissin Mechthild Thürmer in der Luft hängen ließ, nicht ohne ihr zuvor dreisterweise noch eine „empfindliche Freiheitsstrafe“ anzudrohen. Schuldig war die Nonne aus Oberfranken eines Vergehens der Nächstenliebe: Zwischen 2018 und 2020 hatte sie drei Frauen vor der Abschiebung bewahrt, indem sie ihnen Kirchenasyl gewährte.

Nun erkennt das Bamf das Instrument des Kirchenasyls grundsätzlich als eine ultima ratio in Härtefällen an. Offiziell zumindest. Die trickreiche Argumentation, mit der es Kirchenangehörige dennoch zu Kriminellen stempeln wollte und die auch einige Staatsanwaltschaften übernommen haben, ging so: Wer Kirchenasyl gewährt, auch wenn das Bamf nach einer Pro-forma-Prüfung weiterhin keinen Härtefall erkennen will, macht sich strafbar. Heißt: In diesem Fall wären die Kirchenasyl Gewährenden verpflichtet gewesen, das Kirchenasyl aktiv zu beenden, sprich ihre Schützlinge vom Kirchen- oder Klosterhof zu jagen.

Diese Vorgabe war jedoch einseitig vom Bamf eingeführt worden – und hätte freilich die Idee des Kirchenasyls völlig ausgehöhlt. Die Absicht war offensichtlich: maximalen Druck ausüben, so dass die meisten Pfarrerinnen, Priester, Nonnen und Mönche davor zurückschrecken würden, Flüchtlingen künftig Kirchenasyl zu gewähren.

Doch zuletzt wendete sich das Blatt: Nachdem sich so mancher übereifrige Staatsanwalt in einer höheren Instanz bereits eine blutige Nase geholt hatte, waren die Ermittler im Laufe der vergangenen zwei Jahre zunehmend davon abgerückt, Pfarrer und Ordensangehörige mit Strafbefehlen zu überziehen, die Menschen Zuflucht gewährten. Etwa, um sie vor Zwangsprostitution, Elend oder unmenschlicher Behandlung in Italien, Rumänien & Co. zu bewahren. Mit dem quasi Freispruch für Mutter Mechthild hat dieses Kapitel der Einschüchterung und Kriminalisierung von Kirchenangehörigen nun hoffentlich ein Ende.

Der nächste Schritt wäre nun, Kirchenasyle gänzlich überflüssig zu machen, indem das Bamf grundsätzlich davon absieht, Flüchtlinge in Länder abzuschieben, in denen ihnen ein menschenunwürdiges Schicksal blüht. Doch hier hat sich auch unter der Ampel bislang wenig getan.

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Jahrgang 1971. Seit 2015 Bayernkorrespondent der taz. Davor unter anderem zehn Jahre Redakteur und Ressortleiter bei "Spiegel Online", seit 2009 frei. Mitglied des Journalistennetzwerks beschreiber.de.

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