Ramadan endet – Zuckerfest beginnt: Happy Zuckerfest, Folks!

Warum sollten Muslime weniger ambivalent sein? Und weniger pseudo als andere?

Asse trinkt mit einer Freundin Tee und isst besondere Süßigkeiten zum Zuckerfest. Für Millionen Muslime endet mit dem Feiertag Eid al-Fitr am Donnerstag der heilige Fastenmonat Ramadan

Zum Zuckerfest gibt es dann einen Haufen besonderer Süßigkeiten. Happy Zuckerfest! Foto: dpa/Eman Helal

An diesem Sonntag endet der Fastenmonat Ramadan, und am Montag dann beginnt das jährliche Zuckerfest. Von da an wird die Bauchspeicheldrüse zum fleißigen Sisyphos: Dem gerade mühsam gesenkten Zuckerspiegel folgt der nächste Glukose-Booster. Welcome in Bak­la­vistan, yummy!

Glückwunsch zu einem weiteren Monat sakraler Disziplin und innerer Einkehr! Aus meiner Zeit als einigermaßen praxisnaher Muslim weiß ich noch, welch erhabenes Gefühl sich am Ende eines Tages breitmacht, wenn die Sonne den Horizont küsst und das Fastenbrechen bevorsteht. Auf die bescheidene Dattel zum Iftar folgt bei vielen ein Abend der Völlerei, die das eigentliche Konzept des Ramadan ad absurdum führt, aber hey: Warum sollten Muslime weniger ambivalent und pseudo sein als ihre abrahamitischen Glau­bens­ge­nos­s:in­nen aus Christen- und Judentum?

Wer sich der weitläufigen Meinung im muslimkritischen (sic!) Mainstream anschließt, Menschen mit Wallah-Hintergrund seien humorbefreit und ohne jedes Bewusstsein für den eigenen widersprüchlichen Lebenswandel, der irrt. Allein das erst seit wenigen Jahren unter Mus­li­m:in­nen präsentere Thema, es möge doch bitte alles und jeder gefälligst helal sein, sorgt für lustige Anekdoten unter selbigen.

Kaum noch Fensterscheiben von Gastro und Supermärkten ohne jenen Helal-Sticker, der den Gästen und Kun­d:in­nen signalisiert, dass es am Herd oder im Regal koscher zugehe

Kaum noch Fensterscheiben von Gastro und Supermärkten ohne jenen Helal-Sticker, der den Gästen und Kun­d:in­nen signalisiert, dass es am Herd oder im Regal koscher zugehe. Die rauschhafte Art – vor allem unter Jüngeren – die Welt nur noch in haram und helal einzuteilen, statt sich einfach nur ums eigene Verhalten zu kümmern, treibt lustige Blüten. Randnotiz: Das große Helalissimo bringt auch große Probleme mit sich, aber dazu ein andermal mehr.

Ob denn wirklich alles helal ist?

Auf jeden Fall gab es da mal die drei Mädels beim Inder, zwei Tische weiter. Zwischen Papadam und Chicken Curry rückte sich die eine das bauchfreie Top zurecht, die zweite trug Chatnachrichten eines ihrer Verehrer vor, und die dritte fluchte über ihre nervigen Eltern, während sie sich das Kopftuch glattzog, alles nicht wirklich helal – und alles kurz nachdem sie sich mit Blick in die Speisekarte eben noch skeptisch gefragt hatten, ob denn wirklich alles helal sei.

Auf den Punkt brachte es aber Cemmo mal. Cemmo heißt eigentlich Cem und führt einen kleinen Supermarkt umme Ecke. Eines Tages, während im Hintergrund seine kopftuchtragende Mutti den Sprit der Kiezalkis über den Scanner streicht, zieht er lachend über zwei Typen her, die kurz vorher da waren.

Ein älterer Herr, der ihm eine Standpauke hielt, Cemmo solle zwischen den helalen Produkten im Kühlregal gefälligst kein Schweinefleisch lagern, und überhaupt, warum er denn Alkohol und Schweinewurst verkaufen würde. Cemmo bat ihn, den Laden zu verlassen und möglichst nie wiederzukommen.

„Und du gloobst et nich, Bobby, danach kommt een Typ rinn, schnappt sich een paar Dosen Jacky-Cola, verlangt an der Kasse die langen OCBs, hält dann ’ne Packung Haribo hoch und fragt: Sind die helal? Ick dann so: Die sind so helal wie der jesamte Görli, deine OCBs und die komplette Jack-Daniels-Destille zusammen. Und der Typ so: Wallah, Bruder, wegen Schweinegelatine und so. Icke nur: Alda, haste mich nich verstanden? Die OCBs, oder wat du damit roochen willst, und deene Jackies bringen et harammäßig zusammen uff drei Schweinefarmen. Na ja, am Ende hat er sich die Haribos jekooft, aber die OCBs zurückgelegt. Was zur Hölle …“

Auch in diesem Jahr wird Cemmo die Schale mit den gratis Süßigkeiten an die Kasse stellen, is ja Zuckerfest.

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Jahrgang 1976, Südhang Hindukusch. Berliner Junge. Schon als Kind im Widerstand gegen Exoten-Bonus und Kanaken-Malus. Heute als Autor und Producer zu unterschiedlichen Themenfeldern journalistisch tätig. Für TV, Print, Online und Bühne. Und fast immer politisch.

Dieser Artikel stammt aus dem stadtland-Teil der taz am Wochenende, der maßgeblich von den Lokalredaktionen der taz in Berlin, Hamburg und Bremen verantwortet wird.

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