Razzia gegen Neonazis: Faeser verbietet „Hammerskins“

Die Bundesinnenministerin hat den rechtsextremen Verein „Hammerskins Deutschland“ verboten. Die Razzia sei über ein Jahr lang vorbereitet worden.

Polizeiwagen vor einer Wohnsiedlung

Ein Einsatzfahrzeug der Polizei steht am Dienstagvormittag bei einer Razzia gegen eine Neonazi-Gruppe in Berlin-Alt-Hohenschönhausen Foto: Dominik Totaro/dpa

BERLIN taz | Seit Jahren konnten sich die rechtsextremen Hammerskins konspirativ organisieren und Rechtsrock-Konzerte organisieren. Vor wenigen Wochen erst trafen sich Anhänger zu einem Konzert in Eisenach. Am Dienstag ist nun mit dem Treiben vorerst Schluss: Bundesinnenministerin Nancy Faeserverbot die Neonazi-Gruppe. Der Schritt sei „ein harter Schlag gegen den organisierten Rechtsextremismus“, erklärte die Sozialdemokratin.

Die Polizei durchsuchte in den frühen Morgenstunden die Wohnungen von 28 Vereinsmitgliedern in zehn Bundesländern: Bayern, Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Thüringen. Verboten wurden auch die Unterstützergruppe „Crew 38“. Die Behörden rechnen derGruppe in Deutschland 130 Mitglieder und 13 Untergruppen, sogenannte „Chapter“ zu. Auch Vermögen der Gruppe wurde eingezogen. In Saarbrücken wurde ein Clubhaus – die „Hate Bar“ – geschlossen und beschlagnahmt. Nach taz-Informationen wurde auch eine Szenegröße in Mecklenburg-Vorpommern durchsucht: der Neonazi Sven Krüger aus Jamel. In dem Dorf haben sich fast ausschließlich Rechtsextreme angesiedelt. Krüger galt schon länger als Aktivist der Hammerskins.

Faeser erklärte, mit dem Verbot „beenden wir in Deutschland dasmenschenverachtende Treiben einer international agierendenNeonazi-Vereinigung“. Es sei „ein klares Signal gegen Rassismus und Antisemitismus“. Der Rechtsextremismus bleibe die größte extremistische Bedrohung für die hiesige Demokratie.

Schon vor Jahren stand ein Verbot der Hammerskins im Raum – das aber nie umgesetzt wurde. Verboten wurden im Jahr 2000 die Gruppe „Blood & Honour“ und im Jahr 2020 „Combat 18“, die beide auch in der Rechtsrockszene aktiv waren. Letzteres Verbot sprach damals noch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) aus.

Fokus auf Vernetzung der rechten Szene

Auch Nancy Faeser hatte mit ihrem Amtsantritt versprochen, rechtsextreme Netzwerke zu zerschlagen. Verbote in der rechtsextremen Szene gab es bis dato aber nicht.

Das Verbot gegen die Hammerskins wurde seit einem Jahr in Bund und Ländern vorbereitet. Auch US-amerikanische Behörden waren involviert – die Gruppe ist ein Ableger der im Jahr 1988 in den USA gegründeten „Hammerskin Nation“ und international vernetzt. Laut Innenministerium nimmt die deutsche Sektion in Europa „eine herausragende Rolle“ ein. Auch das rechtsextreme Kampfsportevent „Kampf der Nibelungen“ soll von den Hammerskins mitinitiiert worden sein.

In der Verbotsverfügung wird den Hammerskins vorgeworfen, sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung, den Gedanken der Völkerverständigung zu richten. Die Gruppe propagiere eine an die NS-Ideologie angelehnte Rassenlehre. Vor allem durch Szenekonzerte und den Vertrieb von Tonträgern oder Merchandise-Artikeln werde die rechtsextreme Ideologie ausgelebt und verfestigt.

Öffentlich traten die Hammerskins kaum auf. Ihr Fokus lag auf der Organisation von szeneinternen Veranstaltungen. Als eine Führungsfigur gilt der langjährige Rechtsextremist Malte Redeker. Redeker wurde nach taz-Informationen am Dienstag ebenfalls durchsucht. Ebenso soll die Polizei beim Thüringer Szenekader Thomas G. in Thüringen aufgetaucht sein.

Die Linken-Innenexpertin Martina Renner nannte das Verbot der Hammerskins am Dienstag „schon lange überfällig“. Das militante Neonazi-Netzwerk sei „extrem gut organisiert, hoch vernetzt und bewaffnet“. Mit der Razzia sei ein Anfang gemacht, die Struktur zu zerschlagen.

Auch der Grünen-Innenexperte Konstantin von Notz begrüßte das Verbot – forderte aber weitere Maßnahmen. „Es gibt zahlreiche Organisationen und Vereine in Deutschland, die offenkundig verfassungsfeindlich agieren und agitieren“, so von Notz zur taz. „Ich hoffe, dass das Innenministerium, wie jetzt bei den Hammerskins, zukünftig beständig insgesamt eine sehr viel konsequentere Linie fährt.“

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