Rechtsextreme Mitarbeitende bei der AfD: Bundestag prüft mehr Sicherheit

Laut einer Recherche beschäftigt die AfD im Parlament etliche Rechtsextreme. Das Bundestagspräsidium prüft nun, die Sicherheitsmaßnahmen zu erhöhen.

Blick in den Plenarsaal des Bundestags.

Wer kommt als Mit­ar­bei­te­r:in von AfD-Abgeordneten alles in den Bundestag? Foto: Metodi Popow/imago

BERLIN taz | Es sind bekannte Namen wie Mario Müller, Benedikt Kaiser oder Jonas Schick: Seit Langem stellen AfD-Abgeordnete im Bundestag Rechtsextreme als Mitarbeitende ein. Diese gehen im Parlament dann ein und aus. Auch angesichts der Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht Münster über die Einstufung der AfD als rechtsextremen Verdachtsfall wächst nun im Bundestagspräsidium der Druck, hier die Regeln nochmal schärfer zu fassen.

Schon 2018 hatte die taz erstmals zu rechtsextremen Mitarbeitenden bei AfD-Abgeordneten recherchiert: Aufgedeckt wurde, dass 58 Mitarbeitende und 9 Abgeordnete Verbindungen zu Personen oder Organisationen der extremen oder neuen Rechten hatten. Eine Recherche des Bayerischen Rundfunks liefert nun noch einmal ein Update, wonach die Zahl weiter angestiegen ist: Mehr als 100 Personen sollen die AfD-Abgeordneten inzwischen beschäftigen, die in Organisationen aktiv sind, die der Verfassungsschutz als rechtsextrem einstuft – darunter Identitäre, radikale Burschenschafter oder Neonazis.

Die Zahlen alarmieren auch das Bundestagspräsidium. Vizepräsidentin Aydan Özoguz (SPD) sagte am Dienstag gegenüber der taz: „Mittlerweile sollte jedem klar sein, dass die AfD unsere Demokratie nicht nur von außen, sondern auch von innen angreift.“ Und die AfD-Abgeordneten zögerten offenbar nicht, ihre Rechte zu missbrauchen. „Daher brauchen wir nun Regeln für etwas, das jahrzehntelang Konsens aller Parteien und Fraktionen war: Wer in der Herzkammer der Demokratie arbeitet, sollte Respekt vor unserer Verfassung haben“, betonte Özoguz. „Man kann nicht gleichzeitig Mitglied einer Organisation sein, die unsere Demokratie abschaffen möchte oder die Würde von Menschengruppen aufgrund ihrer Herkunft oder Religion missachtet.“

Auch Yvonne Magwas (CDU), ebenfalls Vizepräsidentin, attestierte der AfD „Abgründe an Menschenfeindlichkeit“. Das Präsidium müsse „hier aktiv werden“. Ihre grüne Präsidiumskollegin Katrin Göring-Eckardt macht konkrete Vorschläge. „Es kann nicht sein, dass Verfassungsfeinde aus dem Inneren des Bundestages arbeiten und versuchen, von dort unsere Demokratie auszuhöhlen – bezahlt mit Steuerzahlergeld“, sagte die Grüne der taz.

Göring-Eckardt fordert schärfere Hausregeln

Göring-Eckardt plädiert daher für eine Nachschärfung der Hausregeln. Wenn etwa verfassungsfeindliche Mitarbeitende mit Steuergeldern bezahlt würden, sollten die Auszahlungsregeln „dringend überprüft“ werden, so Göring-Eckardt. Gleiches gelte für die Zuverlässigkeitsüberprüfungen von Personen, die Hausausweise beantragen. „Die Bundestagspolizei braucht dafür alle in den Sicherheitsbehörden vorliegenden relevanten Informationen, um hier sichere Entscheidungen treffen zu können.“ Alle rechtsstaatlich möglichen Instrumente sollten „ausgeschöpft“ werden, so Göring-Eckardt.

Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) plädierte am Dienstag für eine Überprüfung der Sicherheitsregeln für das Parlament. „Es muss alle Demokraten umtreiben, dass rechtsextremistische Netzwerke bis in den Bundestag reichen“, sagte sie der Rheinischen Post.

Die 78 AfD-Bundestagsabgeordneten bekommen pro Monat jeweils 25.800 Euro für Mitarbeitende – pro Jahr macht das knapp 25 Millionen für die gesamte Fraktion. Dazu kommen Angestellte der Fraktion selbst. Die Abgeordneten können im Sinne des freien Mandats selbst entscheiden, wen sie beschäftigen. Dass die AfD-Leute bekannte Rechtsextreme anstellen, verstößt eigentlich gegen eine parteiinterne „Unvereinbarkeitsliste“, die etwa eine Zusammenarbeit mit den Identitären untersagt. Offensichtlich gilt dies aber nur auf dem Papier.

Zuletzt hatte auch Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) erklärt, man sei „nicht naiv“ und erkenne „die akuten Bedrohungen für unser Parlament“ durch Demokratiefeinde. Ein Sprecher der Bundestagsverwaltung sagte am Dienstag der taz, dass Bas derzeit zu „Sicherheitsfragen“ im Gespräch mit den Vorsitzenden der sicherheitsrelevanten Ausschüsse sei. Mit Hannes Gnauck sitzt etwa ein AfD-Abgeordneter im Verteidigungsausschuss, der zugleich selbst vom Verfassungsschutz als Rechtsextremist erfasst ist, als Vorsitzender der als „gesichert rechtsextrem“ eingestuften AfD-Parteijugend.

Bereits vor einem Jahr hatte der Bundestag seine Regeln verschärft – damals vor allem als Reaktion auf Feueralarm-Aktionen der Letzten Generation in Bundestagsgebäuden und auf Festnahmen von terrorverdächtigen Reichsbürgern, die auch einen Bundestagssturm geplant haben sollen. Mit dabei war auch die frühere AfD-Abgeordnete Birgit Malsack-Winkemann.

Seitdem sind etwa stichprobenartige, anlassunabhängige Sicherheitskontrollen auch von Hausausweisbesitzenden an den Parlamentseingängen möglich. Auch gibt es nun für Personen, die langjährige Hausausweise besitzen, jährliche Zuverlässigkeitsüberprüfungen. Zudem wurde der Aufenthalt von Personen im Bundestagsgebäude während Plenarsitzungen eingeschränkt und die Zusammenarbeit mit der Polizei intensiviert. Präsidentin Bas legte zuletzt auch einen Entwurf für ein neues Gesetz für die Bundestagspolizei vor, das derzeit im Parlament beraten wird.

Und in Einzelfällen gibt es auch jetzt schon Hausverbote – etwa im Fall des besagten Mario Müller, der bei dem AfD-Abgeordneten Jan Wenzel Schmidt angestellt und wegen Körperverletzungen verurteilt ist. Zuletzt soll Müller auch beim „Geheimtreffen“ von Rechtsextremen in Potsdam aufgetreten sein. Er dürfe auch als Gast nicht das Parlament betreten, hatte ein Sprecher zuletzt der taz mitgeteilt.

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