Referendum in Irland: Mehrheit für die Homo-Ehe

Die Ergebnisse lassen keinen Zweifel offen: Die Iren haben für die gleichgeschlechtliche Ehe votiert. Ein riesiger Erfolg.

Liebe ist Liebe. Bild: dpa

DUBLIN taz | Irland ist das erste Land der Welt, das die gleichgeschlechtliche Ehe in der Verfassung festgeschrieben hat. Mehr als 1,2 Millionen Iren sprachen sich für die Einführung von gleichgeschlechtlichen Ehen aus, 750 000 waren dagegen. Damit bekam eine von der Regierung vorgeschlagene Verfassungsänderung 62,1 Prozent der Wählerstimmen, wie offizielle Ergebnisse am Samstagabend zeigten.

Alle Umfragen hatten auf ein Ja hingedeutet, doch bis zum Schluss blieb ein Fragezeichen, ob die jungen Leute tatsächlich wählen würden. Diese Sorgen waren unbegründet, vor allem in den Städten lag die Wahlbeteiligung bei deutlich über 60 Prozent, viele junge Auswanderer waren für den Volksentscheid vorübergehend nach Irland zurückgekehrt.

Sämtliche Parteien waren für ein Ja. Lediglich zwei von 166 Abgeordneten hatten sich öffentlich für ein Nein eingesetzt. Der konservativen Regierungspartei Fine Gael („Stamm der Gälen“) brachte die Kampagne einen Popularitätsschub. Dümpelte sie noch im Dezember bei 16 Prozent, so ist sie nun wieder stärkste Partei – mit allerdings nur 25 Prozent. Keine Partei wird nach den Wahlen in einem Jahr allein regieren können.

Irland ist das erste Land der Welt, das die Homo-Ehe per Volksentscheid einführt. Dabei war Homosexualität bis 1993 noch gesetzlich verboten und stand auf einer Stufe mit Hochverrat. In der Praxis wurde das Gesetz jedoch schon lange nicht mehr angewendet. Der Senator und Joyce-Experte David Norris, der sich offen zu seiner Homosexualität bekannte, wurde stets wiedergewählt. Das bedeutete allerdings nicht, dass Irland ein Paradies für Schwule und Lesben war. Noch 2009 ergab eine Studie, dass 80 Prozent der Homosexuellen über verbale Attacken klagten, ein Viertel wurde sogar Opfer von Gewalt.

Landwirtschaftsminister Simon Coveney, der von Fine Gael als Wahlkampfleiter bestimmt worden war, sagte, dass die „irische Nation etwas Negatives ad acta gelegt und ein Vorurteil, das Teil unserer Geschichte war, hinter sich gelassen" habe. „Es ging darum, wie wir die homosexuelle Gemeinde in Irland wertschätzen und behandeln“, sagte er. Kommunikationsminister Alex White fügte hinzu: „Ich glaube, etwas sehr Großes ist in Irland geschehen. Eine ganze neue Generation ist politisiert worden.“ Gesundheitsminister Leo Varadkar, der sich erst vor kurzem als schwul geoutet hatte, sagte, Irland sei „ein leuchtendes Beispiel in Sachen Freiheit und Gleichheit für den Rest der Welt“.

Katholisch geprägte Verfassung

Die irische Verfassung, die 1937 per Referendum angenommen wurde, ist jedoch noch immer katholisch geprägt. Noch in den fünfziger Jahren verloren Beamtinnen ihren Job, sobald sie heirateten, weil sie laut Verfassung an den Herd gehörten. Bis in die achtziger Jahre wurden Frauen in den Reisepass des Mannes eingetragen. Benötigten sie einen eigenen Pass, musste der Ehemann den Antrag unterschreiben. Das Einkommen der Frau galt als Zusatzeinkommen des Mannes. Wollte er sich scheiden lassen, konnte er nach England gehen. Eine Frau konnte das nicht, denn der Wohnsitz des Mannes galt automatisch auch für sie. Er konnte bis 1987 auch das gemeinsame Haus verkaufen, selbst wenn die Ehefrau darin wohnte.

All das ist durch Gesetze geändert worden, die Verfassung hinkt in vieler Hinsicht aber noch hinterher. Jede Verfassungsänderung muss durch ein Referendum bestätigt werden, so auch 1996 das Recht auf Scheidung. Die katholische Kirche hatte damals erheblichen Widerstand geleistet. Ihr Einfluss ist freilich seit den neunziger Jahren stetig zurückgegangen. So kämpfte sie auch beim Referendum über die Homo-Ehe vergeblich für ein Nein.

Seit den Skandalen um weit verbreiteten Kindesmissbrauch durch katholische Priester, die Vertuschung durch die Hierarchie und die Misshandlung von Kindern in katholischen Erziehungsheimen hat die Kirche ihr Moralmonopol verspielt. Der Wirtschaftsboom, der von den frühen Neunzigern bis 2008 dauerte, tat ein Übriges: Junge Leute setzten andere Prioritäten. Längst sind die Kirchen sonntags nicht mehr gefüllt, die Kirche klagt über Mangel an Priesternachwuchs. Ein letztes Gefecht steht ihr noch bevor: Verschiedene Frauenorganisationen setzen sich dafür ein, dass das Abtreibungsverbot aus der Verfassung gestrichen wird.

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