Reporter ohne Grenzen: 1.657 Tote in 20 Jahren

Am 7. April 2003 starb der Journalist Christian Liebig bei einem Raketenangriff. Seitdem sind über 1.500 weitere Jour­na­lis­t*in­nen getötet worden.

Eine Gruppe von hinten fotografierter Menschen hält das Bild des getöteten Journalisten Frederic Leclerc-Imhoff hoch

Gedenkkundgebung für den in der Ukraine getöteten französischen Journalisten Frederic Leclerc-Imhoff Foto: Federico Pestellini/imago

Morde, Kriege, Überfälle: In den letzten 20 Jahren sind laut der Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF) 1.657 Journ­a­lis­t*in­nen wegen oder bei ihrer Arbeit getötet worden, also mehr als 82 pro Jahr. Das teilte RSF am Freitag mit. RSF-Geschäftsführer Christian Mihr sieht in der Zahl einen „unermesslichen Verlust für die Angehörigen“ und einen „Verlust im Kampf um die Pressefreiheit weltweit“.

Laut den Zahlen von RSF wurden die meisten Medienschaffenden 2012 getötet: 143. Die meisten dieser Jour­na­lis­t*in­nen starben durch Konfliktparteien im Syrienkrieg, der ein Jahr zuvor ausgebrochen war. Seit 2019 sei die jährliche Zahl der Getöteten „historisch niedrig“, so RSF. 2021 lag sie bei 51, im Folgejahr bei 60 – trotz ständiger Kriege wie dem in der Ukraine.

In den letzten drei Jahren sind laut RSF jeweils nicht mehr als 20 Jour­na­lis­t*in­nen in Kriegsgebieten getötet worden. Die Organisation erklärt: „Abgesehen davon, dass die Intensität einiger Kriege abgenommen hat, spiegeln diese Zahlen auch die Wirksamkeit der von den Nachrichtenorganisationen ergriffenen Präventiv- und Schutzmaßnahmen wider.“

Als „embedded journalist“ getötet

Auch Christian Liebig, dessen 20. Todestag Anlass für die Bekanntmachung von RSF ist, wurde im Krieg getötet. Er war 2003 für den Focus in den Irak gereist, nachdem die USA im März ihren Angriff begonnen hatten. Liebig war dort als sogenannter „embedded journalist“, also als Journalist, der eine der Kriegsparteien begleitet, in diesem Fall die US-Armee. Am 7. April wurden er, sein spanischer Kollege Julio Anguita Parrado (El Mundo) sowie zwei Soldaten bei einem Raketenangriff auf das Hauptquartier der Einheit getötet. Liebig wurde 35 Jahre alt, Julio Anguita Parrado 32. Mit ihnen stieg die Zahl der bis zu diesem Tag getöteten Jour­na­lis­t*in­nen im Irak-Krieg auf zehn. Seitdem wurden im Irak 300 Medienschaffende getötet – mehr noch als in Syrien, wo 280 Jour­na­lis­t*in­nen starben.

Laut der Zählung von RSF ist Krieg auch einer der Gründe, warum die Todeszahlen in der Ukraine die zweithöchsten Europas sind. Seit der Ausweitung des Angriffskriegs durch Russland im Februar 2022 sind dort mindestens 8 Jour­na­lis­t*in­nen getötet worden. In den 19 Jahren zuvor waren es insgesamt 12, der Großteil von ihnen in den Gebieten, um die seit 2014 gekämpft wird.

In Russland gab es europaweit die meisten tödlichen Angriffe auf Jour­na­lis­t*in­nen (37). Auf Rang drei kommt die Türkei mit neun Toten, gefolgt von Frankreich mit acht, die allesamt von Terroristen 2015 bei einem Angriff auf Charlie Hebdo getötet wurden.

Die „gefährlichste Region der Welt“ laut RSF allerdings der amerikanische Doppelkontinent. 47 Prozent aller getöteten Jour­na­lis­t*in­nen seien dort gestorben. Als tödlichste Länder der letzten 20 Jahre listet RSF nach Irak und Syrien Afghanistan, Jemen, die Palästinensischen Gebiete und Somalia.

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