Restriktive Flüchtlingspolitik in Australien: Tamilen ausgesperrt

Eine Gruppe asylsuchender Tamilen aus Sri Lanka wird auf Wunsch der australischen Linksregierung in Indonesien festgehalten.

Die Flüchtlinge aus Sri Lanka sind auf ihrem Fischerboot in Hungerstreik getreten. Bild: reuters

CANBERRA taz | 255 Männer, Frauen und Kinder aus Sri Lanka sitzen seit Dienstag auf einem Fischerboot im Hafen der indonesischen Stadt Merak fest. Sie weigern sich, an Land zu gehen und sind am gestrigen Freitag in den Hungerstreik getreten. Bereits am Mittwoch drohten sie, sich mit Gasflaschen in die Luft zu sprengen, sollte ihrer Bitte nach Asyl in Australien nicht nachgegeben werden. "Wir haben keine Wahl und keine Heimat, in die wir gehen könnten", so ein Sprecher.

Die offenbar tamilischen Flüchtlinge waren von der indonesischen Marine vor der Insel Java aufgegriffen worden, nachdem Australiens Premierminister Kevin Rudd Indonesiens Präsidenten Susilo Bangbang Yudhoyono darum gebeten hatte. "Ich entschuldige mich nicht dafür, eine harte Linie gegen unautorisierte Ankömmlinge zu führen", so Rudd. Gestern reagierte er auf den international verbreiteten Appell eines kleinen Mädchens auf dem Schiff, er solle die Menschen doch bitte aufnehmen, mit den Worten: "Es gibt auf der Welt 15 Millionen Flüchtlinge." Er lasse sich nicht erpressen.

Diese harte Linie der in Australien regierenden Sozialdemokraten ist neu und das Ergebnis wachsenden politischen Drucks. Seit Wochen warnen konservative Politiker und Kommentatoren in Australien, das Land stehe wegen der angeblich "weichen Politik" der Labor-Regierung vor einer "Flut" von Asylsuchenden. In den letzten sechs Wochen hat Australiens Marine 700 Bootsflüchtlinge abgefangen, insgesamt in diesem Jahr 1.700. Im Vorjahr waren es bloß 160.

Rudd hatte nach seiner Regierungsübernahme 2007 die harte und auf Abschreckung setzende Flüchtlingspolitik seines konservativen Vorgängers John Howard gelockert. So werden Asylsuchende heute nicht mehr in der Wüste interniert oder auf abgelegenen Pazifik-Inseln weggesperrt. Heute werden die in der Regel über Indonesien einreisenden Bootsflüchtlinge auf der zu Australien gehörenden Weihnachtsinsel interniert und meist nach wenigen Wochen als Asylsuchende akzeptiert. 85 bis 98 Prozent aller Asylgesuche wegen politischer Verfolgung werden angenommen.

Der Anstieg der Zahl der Schutzsuchenden wird von der Regierung damit erklärt, dass sich in asiatischen Ländern wie Afghanistan, Pakistan und Sri Lanka die Konflikte verstärkt hätten. Die konservative Opposition dagegen behauptet, die "Verwässerung" der Asylpolitik durch Rudd sei eine "Einladung an die Menschenschmuggler". Der Großteil der Australierinnen und Australier befürwortet laut Umfragen ein härteres Vorgehen gegen Asylsuchende. "Aufs Meer ziehen und versenken", lautet eine Aussage über den gewünschten Umgang mit ihnen, die man im australischen Boulevardradio in diesen Tagen erneut hört. Am Donnerstag bezeichnete ein konservativer Politiker Asylsuchende als "Abschaum".

Unnachgiebigkeit gegenüber Asylanten zahlt sich für australische Politiker aus. 2001 wurde die damalige konservative Regierung trotz gegenteiliger Prognosen wiedergewählt, nachdem Premier John Howard das mit Flüchtlingen beladene Frachtschiff "Tampa" von Truppen stürmen ließ und die Asylsuchenden auf der Pazifikinsel Nauru internierte. Flüchtlingsorganisationen fürchten nun, Australien könne in diese rassistisch geprägte Zeit zurückfallen.

Im globalen Vergleich ist der Anteil der Schutzsuchenden, die nach Australien kommen, minimal. 2008 ersuchten hier 2.750 Menschen um Asyl - von weltweit etwa 15,2 Millionen Flüchtlingen. Insgesamt 13.500 Menschen erhielten in Australien eine Aufenthaltsbewilligung aus humanitären Gründen. Sie werden angerechnet auf das Einwanderungsprogramm von jährlich 278.000 Plätzen.

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