SPD-Chef Gabriel für Basisvotum: Mitglieder sollen entscheiden

Die SPD will den Preis für Schwarz-Rot hochtreiben – und wird daher die Basis über einen Koalitionsvertrag abstimmen lassen. Das ist riskant.

Hannelore Kraft und Sigmar Gabriel: Die Basis soll's richten. Bild: dpa

BERLIN taz | Die SPD ist im Begriff, Geschichte zu schreiben. Erstmals könnten sämtliche 470.000 Mitglieder über den Eintritt ihrer Partei in eine Große Koalition entscheiden. Einen entsprechenden Vorschlag wolle Parteichef Sigmar Gabriel am Freitagabend den Delegierten des in Berlin beginnenden Konvents unterbreiten, meldete die dpa vorab unter Berufung auf Parteikreise. Das Ergebnis solle für die Führung verbindlich sein. Das Treffen von 235 stimmberechtigten Mitgliedern im Willy-Brandt-Haus beginnt am Abend.

Beschließt der Konvent den Basisentscheid, könnte die SPD in der kommenden Woche in Sondierungsgespräche mit der Union eintreten. Doch es ist keineswegs ausgemacht, dass die Basis am Ende auch dem Verhandlungsergebnis zustimmt.

An der Basisentscheidung würde damit das Schicksal von Parteichef Sigmar Gabriel und weiteren Spitzengenossen hängen. Lehnen die Mitglieder einen Koalitionsvertrag ab, dürften Gabriel und die anderen Unterhändler nicht mehr zu halten sein. Die SPD müsste sich auf ihrem Parteitag Mitte November personell neu aufstellen. Stimmen die Genossinnen und Genossen aber zu, würde dies nicht nur zur inneren Einigkeit der SPD beitragen. Ein solches Votum würde einer möglichen schwarz-roten Regierung enormen Rückhalt einräumen.

Erheblicher Widerstand gegen Schwarz-Rot kommt aus den rot-grün regierten Bundesländern. Im Mai 2014 finden in zehn Ländern Kommunalwahlen statt, man befürchtet, als Umfallerpartei abgestraft zu werden. Besonders Hannelore Kraft scheint daher zu allem bereit. Sie hat erklärt, die SPD stehe nicht als Steigbügelhalter für die Union zur Verfügung. Mit einer Abstimmung durch die Basis könnte sie jedoch ihr Gesicht wahren.

Bayerns SPD-Chef Florian Pronold fordert „zwingend eine Mitgliederbefragung“, ebenso der stellvertretende Fraktionschef Hubertus Heil. Ralf Stegner, SPD-Vorstandsmitglied vom linken Parteiflügel, spricht gegenüber der dpa von „Chance und Risiko zugleich. Die Basta-Zeiten sind vorbei. Das war ein Teil unserer Probleme in der Vergangenheit.“

Würden alle Wählerinnen und Wähler befragt, welche Koalition die Regierung stellen soll, wäre die Sache weitaus einfacher. Laut einer aktuellen ZDF-Umfrage wünschen sich 58 Prozent der Befragten Schwarz-Rot. Sogar den SPD-Anhängern wäre die Große Koalition am liebsten, unter ihnen lag die Zustimmung bei 64 Prozent.

Und tatsächlich sind die Optionen nach der Wahl äußerst begrenzt. Die absolute Mehrheit hat die Union knapp verfehlt. Rot-Rot-Grün schließt die derzeitige SPD-Führung aus. Und Neuwahlen würden die genervten Wähler vermutlich mit einer absoluten Mehrheit für Merkel quittieren. Bleibt nur die Große Koalition, für die die SPD mit ihren 16 Prozent Abstand zur Union den Preis extrem hochtreiben müsste. Dabei könnte der Basisentscheid helfen.

Die Erfahrungen der SPD mit ihrem 1993 eingeführten Mitgliederentscheid sind vielfältig. Die Genossen durften schon mehrfach über Personalfragen abstimmen. 1993 wählten sie zum Beispiel Rudolf Scharping zu ihrem Parteivorsitzenden. Die in Niedersachsen und Schleswig-Holstein heute mit den Grünen regierenden Ministerpräsidenten Stephan Weil und Torsten Albig wurden von der Basis zu SPD-Spitzenkandidaten bestimmt.

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