SPD und Internet: Advocatus digitali

SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück soll Kompetenz beim Internet beweisen. Dem Facebook-Chef verpasst er den Namen Zuckerborg.

Ich guck so böööhöööse! Peer Steinbrück auf der „Next“. Bild: dpa

BERLIN taz | Schon klar, dass Peer Steinbrücks Wahlkampf nicht gerade optimal läuft. Darum haben seine Berater offensichtlich beschlossen, dass er mit Netzpolitik punkten soll. Logisch, da ist die Union ja noch schlechter aufgestellt. Und darum steht er jetzt neben der Bühne der Next, einer Berliner Konferenz für Internetwirtschaft, und wartet.

Wartet, bis Stephen Wolfram endlich fertig ist. Der Mathematiker und Software-Visionär überzieht, er musste improvisieren, live Codezeilen in seinen Rechner hacken, um zu demonstrieren, was seine Algorithmen können – weil das Wlan nicht funktioniert hat. Das dauert eben. Jubelnder Schlussapplaus, zehn Minuten zu spät.

Dann darf Steinbrück endlich auf die Bühne. Rechner? Braucht der SPD-Kanzlerkandidat nicht. Internet erst recht nicht. Versucht lieber, mit Witzchen über seine Aussichten auf die Kanzlerschaft die Atmosphäre aufzulockern. Und dann redet er, der einzige Schlips im Raum.

Darüber, warum er glaubt, dass Deutschland an der Spitze der vierten industriellen Revolution stehen wird, in der 3-D-Drucker die Wirtschaft umkrempeln. Und über den überfälligen Ausbau von Breitbandinternet, da hinke man ja sogar noch hinter (um Gottes Willen!) Rumänien her!

Facebook-Chef „Zuckerborg“

16 Minuten spricht er, dann ein paar Fragen einer Journalistin des britischen Magazins Economis“, alles in passablem Englisch und dank seiner Redenschreiber ohne Blamage. Aus seinem grimmigen Gesichtsausdruck dabei lässt sich wenig ablesen – der gehört ja bei Steinbrück zur Grundkonfiguration. Einzig der Redefluss verrät, dass er sich deutlich wohler fühlt, wenn er über Siemens, über die Autoindustrie sprechen kann. Oder gar das ausgenudelte Schmidt-Zitat mit den Visionen und dem Arzt auspackt.

„Ich gehöre zu der Generation, die sich im Plattenladen mit Musik versorgt, nicht bei Soundcloud“, sagt er. Klingt wie: Tja, dieses Internet ist eben nicht seins. Und genau darum springt der Funke auch nicht über. Nicht einmal bei diesem gut erzogenen Netzpublikum, das so brav über jedes seiner Witzchen giggelt und höflich ignoriert, dass er den Facebook-Chef „Zuckerborg“ nennt.

Wenn es hier, auf dieser Konferenz, schon nicht zündet, dann funktioniert es einfach nicht - ­ Steinbrück als Advokat fürs Digitale. Erst recht nicht für eine SPD, deren Vorsitzender Sigmar Gabriel offensiv für Vorratsdatenspeicherung eintritt.

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