SPD will mehr Informationsfreiheit: Sozis lassen tiefer blicken

Die SPD stellt ein neues Transparenzgesetz vor – das freilich keine Aussicht auf schnelle Umsetzung hat. Jubel erntet sie dafür dennoch.

Gibt es UFOs? Das von der SPD geplante Informationsfreiheitsgesetz könnte für Klarheit sorgen. Bild: reuters

BERLIN taz | Es ist nur ein Absatz, der da im „Regierungsprogramm“ der SPD steht, und er besteht aus bloß 58 Wörtern. Das ist nicht viel für ein Werk von 120 Seiten. Die SPD, heißt es da, will sich auf Bundesebene für ein umfassendes Transparenzgesetz einsetzen. Am Mittwoch stellte die SPD-Fraktion einen Entwurf dazu vor. Dass er vor der Wahl umgesetzt wird, ist ausgeschlossen. Zuspruch gab es dennoch.

Denn der Entwurf – erarbeitet mit Hilfe der Deutschen Gesellschaft für Informationsfreiheit – sieht eine kleine Revolte im Kampf um staatliches Wissen vor: So soll ein Informationsfreiheits- und Transparenzgesetz an die Stelle der vielen verschiedenen Auskunftsgesetze treten. Danach wären Behörden verpflichtet, Informationen in zentrale Datenportale einzustellen – etwa Gesetzentwürfe oder öffentliche Verträge. Außerdem sollen Bürger leichter Auskünfte einfordern können.

Derzeit haben Bürger nach dem Informationsfreiheitsgesetz, dem Umwelt- oder dem Verbraucherinformationsgesetz bereits die Möglichkeit, Auskunftsersuchen zu stellen. Journalistenverbände, Bürgerrechtler und Demokratieaktivisten bemängeln aber seit Jahren, dass die Gesetze in der Praxis zu schwach sind. Für Aufsehen etwa sorgte der Versuch, an das 2009er Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags zu gelangen, das über die Existenz von Ufos Auskunft gibt. Im April berichtete die Zeit, wie erfinderisch Behörden ihre Verpflichtungen umgehen.

Und nun ein aussichtsloser SPD-Vorstoß – in Wahlkampfzeiten? Der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands, Michael Konken, begrüßte die Initiative am Mittwoch dennoch: „Ein umfassendes Transparenzgesetz auf Bundesebene ist längst überfällig. Eigentlich müssten sich dieser Initiative alle Parteien heute noch anschließen.“ Auch Claudine Nierth, Sprecherin von Mehr Demokratie, sagte der taz: „Beim Thema Transparenz hat sich in der SPD in den letzten Jahren viel bewegt. Das Thema im Wahlkampf zu setzen, erlaubt uns, die SPD daran nach der Wahl zu messen.“

Hamburg ist gläsern

Tatsächlich gibt es in SPD-geführten Bundesländern bereits verschiedene Transparenzinitiativen. Rheinland-Pfalz und Bremen etwa verfügen über öffentliche Informationsregister. Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen erarbeiten derzeit Transparenzgesetze. Im SPD-regierten Hamburg führte die gesamte Bürgerschaft einstimmig das bislang umfassendste Transparenzgesetz Deutschlands ein.

Kritik gab es am Mittwoch dennoch. Die Open-Government-Expertin und Piratin Anke Domscheit-Berg bemängelte den Vorstoß als schwammig und unpräzise. Der Entwurf sei „ein für den Wahlkampf geschriebenes Patchworkgesetz und keine zielgerichtete Umsetzung einer Open-Government-Strategie.“ Stefan Wehrmeyer, Gründer von fragdenstaat.de, sagte: „Der Entwurf ist ein richtiger Schritt, geht aber nicht weit genug. Wir brauchen ein Recht auf Informationsfreiheit im Grundgesetz. Dagegen hat die SPD im April erst gestimmt.“

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