Sarkozy sauer auf Ryanair: C'est pas cool

Weil der Billigflieger Ryanair mit einem Foto von ihm wirbt, will Nicolas Sarkozy ihn verklagen. Warum Angela Merkel da cooler ist, als er.

Witzg - oder gaaaar nicht komisch? Bild: screenshot: le figaro

Dass Nicolas Sarkozy zur Zeit gefühlsmäßig ein wenig außer Rand und Band ist, ist inzwischen wohl auch in den entlegeneren Winkeln der Welt angekommen. Jetzt zeigt sich: Der französische Präsident scheint außerdem ein humorloser Kontrollfreak zu sein.

Zu Beginn des Jahres inszenierte er sich als sonnenbebrillter Haudegen à la Gaddhafi mit schmucker Modelfreundin Carla Bruni, gab dann eine Pressekonferenz mit dem eigentlichen Thema: "Meine Freundin und ich" und tat sein Allerbestes, Spekulationen über mögliche Verlobungsringe/Kinds-Zeugungen/Heimliche Heirat anzufachen. Der flotten Berichterstattung zuliebe lernten die Zeitungsredakteure schnell ein bisschen Französisch, um drauflos zu dichten: "Sarkozy et sa chérie", "Oh là là" oder ein einfaches "Qui?" waren die Schlagzeilen, die das Liebesleben Sarkozys beschrieben. Die neuen Lieblinge der Presse: Sarkozy & Bruni. Die französische Antwort auf Moss & Doherty, in clean.

Nun haben sich ein paar schlaue Werbe-Köpfe für die Firma Ryanair ein Foto der beiden Lovebirds geschnappt und ein Werbeplakat daraus gebastelt. Am Montag schaltete der irische Billigflieger die Anzeige in der französischen Zeitung Le Parisien. Wie man sieht: Frau Bruni und Sarkozy, Kopf and Kopf, Zähne lächelnd gebleckt. Sie vorfreut sich per Comicsprechblase: "Avec Ryanair, tute ma famille peut venir assister à mon mariage." ("Mit Ryanair könnte meine ganze Familie bei meiner Hochzeit dabei sein.")

Sarkozy ist stinksauer, spricht von "Missbrauch" und erwägt rechtliche Schritte gegen den Konzern. Ob er mit einer Klage Erfolg haben könnte? Nicht genehmigte Werbung mit Fotos der Personen der Zeitgeschichte ist eigentlich nicht zulässig. Damit beutet man die Bekanntheit von Menschen aus, die eigentlich Geld dafür verlangen könnten. "Nicht gewollte Kommerzialisierung der Person", heißt das.

Boris Becker zum Beispiel klagt immer noch gegen die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, die 2001 mit einem riesigen Plakat von ihm für die neue Sonntagsausgabe geworben hatte. Und sowohl Becker als auch Bruni sind in der Werbebranche keine Laien: Becker prägte den tumben AOL-Slogan "Bin ich schon drin?" und Bruni räkelt sich derzeit mit Gitarre und Abendkleid auf einem Rücksitz des Autoherstellers Lancia.

Dass sich Firmen ungefragt Bildern von bekannten Politikern bemächtigen, um daraus eine Anzeige zu basteln ist auch in Deutschland nicht neu. Oskar Lafontaine, damals noch Finanzminister und SPD-Genosse, zog vor Gericht, nachdem die Autovermietung Sixt sein Bild ungefragt als Werbeposter verwendet hatte. Aufschrift: "Six verleast auch Autos an Mitarbeiter in der Probezeit". Er forderte 100 000 Euro Schadensersatz, ging allerdings leer aus. Der Bundesgerichtshof wies die Klage ab. Joschka Fischer hingegen klagte erfolgreich gegen den Springer-Konzern, der sein den damaligen Grünen Außenminister auf Werbeplakate für die neue Welt Kompakt druckte. Über dem Slogan "Big News. Small Size" hatten die Springer-Werber diverse Politiker zu Kindern gemorpht, darunter auch Klaus Wowereit, George Bush und Angela Merkel.

Natürlich, ein bisschen kann man es auch verstehen, dass sich jemand wehrt, wenn sein Bild für Werbezwecke einfach so hergenommen wird. Schließlich wurde man nicht nur nicht gefragt, ob man werben will, sondern auch nicht: wofür. Angenommen, Sarkozy wäre ein Öko - und dann auf einem Billigflieger-Werbeplakat?! Und Frau Bruni verdient ihr Geld derzeit ohnehin mit Werbung - da darf man sie doch nicht einfach raubkopieren!

Doch erinnern wir uns doch mal an Angela Merkel. Und die Sixt-Werbung von 2002 mit der Sturmfrisur. Auf dem ersten Bild: Frau Merkel, Oppositionsführerin mit Topfschnitt und der Frage "Lust auf eine neue Frisur?" Bild zwei: Frau Merkel mit dem aufmontierten Haarschopf der damaligen Praktikanten der verantwortlichen Werbeagentur Jung von Matt, und der Lösung: "Mieten Sie sich ein Carbrio".

Merkel ließ Frau Sixt ausrichten, sie "könnte mich zur Wiedergutmachung einmal zu einer Cabrio-Fahrt einladen", anstatt Reparationszahlungen zu forden. Noch nichtmal wegretuschieren lassen, wollte sie die wirre Haarpracht. Ganz anderes als Sarkozy, der sich wegen eines Speckröllchens mit der Pressefreiheit und der Zeitschrift Paris Match anlegte. Das ist Uneitelkeit. Und Humor. Angela: C'est cool!

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