Schönes beim 30C3: Hacken als Kunst

Oper für alle, blockierte Funksignale und Pakete für Julian Assange: Beim Kongress des Chaos Computer Clubs ist Hacken nicht nur eine technische Angelegenheit.

Gehackte Ampel? Bild: Witalka / photocase.com

HAMBURG taz | Das Telefon klingelt, eine Stimme aus dem Hörer grüßt: „Hier ist das autonome Operntelefon der Stadt Zürich. Zu Ihrer Freude und Unterhaltung haben wir in der Zürcher Oper eine Wanze platziert. In wenigen Sekunden werden Sie live ins Opernhaus verbunden.“

4.500 zufällig ausgewählte Zürcher Haushalte haben Carmen Weisskopf und Domajgoj Smoljo mit ihren zu Wanzen umgebauten Handys angerufen, die sie im Bühnenbereich der Oper versteckten. „Fünfzig Prozent des Züricher Kulturbudgets gehen an die Oper Zürich“, sagt Carmen Weisskopf, für einen Ort, den nur die Reichen besuchen, fand das Künstlerduo das Budget zu hoch und wollte die Veranstaltungen mit mehr Menschen teilen. Sie haben das Opernhaus gehackt.

„ha|cken, schwaches Verb, durch geschicktes Ausprobieren und Anwenden verschiedener Computerprogramme unberechtigt in andere Computersysteme eindringen“, definiert der Duden das Verb „hacken“. Auf dem Kongress des Chaos Computer Club 30C3, ist das Hacken längst in andere Lebensbereiche eingedrungen. Vortragende berichten von Lockpicking, dem Aufbrechen von Schlössern, Mindhacking, dem Konsumieren von Drogen oder eben dem Hacken als Kunstform, wie das Schweizer Duo Weisskopf und Smoljo, die Mediengruppe Bitnik, im Jahr 2007.

Alle Veranstaltung der Kategorie „Art and Beauty“ gibt es im Programm des 30C3. Nachzusehen sind sie auf dem Youtube-Kanal des Kongresses in deutscher und englischer Sprache.

Auch der Künstler Julian Oliver arbeitet mit Telefonen, aber mit solchen, die nicht ihm gehören. Mit seinen Objekten blockiert der in Berlin lebende Neuseeländer Funksignale oder liest Datenverkehr wie unverschlüsselte Emails mit. Die Technik funktioniert nur in einem begrenzten Umkreis. So kann der Spielzeugpanzer „No Network“, die Funksignale nur in einem Umkreis von 15 Metern stören.

„Jedes Kunstwerk entspricht seiner Zeit“, sagt Julian Oliver. Und zu dieser Zeit gehöre konstruierte Infrastruktur wie die Börse, Geldautomaten, Supermärkte, Kühlschränke. Und eben auch die Kommunikation mit Telefonen und Internet. „Lasst uns diese Technik kritisch benutzen“, fordert er während seines Vortrags die Teilnehmer des 30C3 auf.

„Wir nehmen den systematischen Blick des Hackings und wenden ihn nicht technisch, sondern auf die Gesellschaft an“, sagt Domajgoj Smoljo der taz. „Wie beim Hacking suchen auch wir die Schwachstellen“.

Nachdem die Gruppe mit „Delivery for Mr Assange“ Julian Assange ein Paket mit Kamera und GPS-Sender schickte, das alle 15 Sekunden ein Foto sendete und live via Stream zu verfolgen war, versucht Bitnik in ihrem aktuellen Projekt ebenfalls ein Paket zu versenden – aus der ecuadorianischen Botschaft in London von Assange an den Menschenrechtsaktivisten Nabeel Rajab in Bahrain. Assange erhielt innerhalb von 32 Stunden das Päckchen. Das Paket an Rajab verschwand hingegen zwei Mal in Dubai. Im nächsten Jahr will sich das Künstlerduo mit dem Darknet beschäftigen, Details verraten sie noch nicht.

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