Scholz' Wolkenkratzer-Vermächtnis: Elbtower gefährdet Bahnverkehr

Die Bahn hat Bedenken gegen ein 245 Meter großes Hochhaus an den Hamburger Elbbrücken angemeldet. Sie befürchtet eine Unterbrechung des Verkehrs.

Der Elbtower als Modell

Könnte mit 245 Metern das drittgrößte Hochhaus Deutschlands werden: Elbtower in Hamburg Foto: Daniel Reinhardt/dpa

HAMBURG taz | Der 245 Meter hohe Elbtower könnte einmal zum sichtbarsten Vermächtnis des heutigen Bundeskanzlers Olaf Scholz (SPD) an seine Heimatstadt werden, die er von 2010 bis 2018 regiert hat. Doch der Bau des Hochhauskloppers direkt an den Elbbrücken könnte sich zum Desaster für den Bahnverkehr auswachsen. Wie kürzlich bekannt wurde, hat die Bahn wegen dieses Risikos schon vor einem Jahr Widerspruch gegen die erste Teilbaugenehmigung des Projekts eingelegt.

In ihrem Widerspruch kritisiert die Bahn, dass die Pläne nicht genügend Rücksicht auf die unmittelbar benachbarten Bahnanlagen nähmen. Über die Elbbrücken verlaufen die Gleise der S- und der Fernbahn; außerdem gibt es dort einen S-Bahnhof. Diese drohten beeinträchtigt zu werden.

Schon Monate vor ihrem Widerspruch hatte die Bahn in einer „ersten Gesamtstellungnahme“ an die Hamburger Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen (BSW) ihre Bedenken konkret dargelegt. Während die Baugrube ausgehoben wird und der Koloss in die Höhe wächst, wird sich der Boden in der Umgebung setzen. Diese „Mitnahmesetzungen“ könnten „die Nutzbarkeit der DB Bauwerke einschränken beziehungsweise einen sicheren Eisenbahnbetrieb unmöglich machen“, schreibt die Bahn.

Das Unternehmen weist insbesondere darauf hin, dass „die vorhandene Längsneigung der Bahnsteige im absoluten Grenzbereich der Konformität“ liege. Eine stärkere Neigung führe zu einem „unbeherrschten Zustand, was zum Entzug der Betriebserlaubnis durch das Eisenbahnbundesamt führen kann“.

Nadelöhr Elbbrücken

Verformungen infolge des Bauprojekts müssten deshalb durch geeignete Maßnahmen ausgeglichen werden. Es bestehe ein Risiko, denn der Toleranzbereich bei Mitnahmesetzungen an den Bahnsteigen der S-Bahn-Station liege bei null Promille. Weil das Projekt so heikel sei, müsse das Eisenbahnbundesamt sowohl in die Genehmigung als auch in den Bau eingebunden werden.

Michael Jung, Sprecher der Bürgerinitiative „Prellbock Altona“, die das Schreiben publik gemacht hat, fordert, den Bau des Elbtowers „schon aus Klimaschutzgründen“ zu stoppen. „In jedem Fall muss aber die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Bahnverkehrs auf den Elbbrücken absoluten Vorrang haben“, sagt Jung.

Was passiert, wenn der S-Bahn-Verkehr an den Elbbrücken unterbrochen wird, konnten die Hamburger erst vor wenigen Wochen erleben. Unter einer S-Bahn-Brücke hatte ein Lastwagen gebrannt. Bis das Schienenstück repariert war, dauerte es Wochen. Die Pendler auf den ohnehin schon überlasteten Strecke mussten in Fern- und Regionalzüge, Shuttles und Busse umsteigen.

Die Bahn wies darauf hin, dass sie sich seit der ersten Gesamtstellungnahme vielfach mit dem Investor, der Elbtower Immobilien GmbH, zu technischen Fragen ausgetauscht habe. Wegen der Bedeutung für den Bahnverkehr sei ein umfassendes Beweissicherungs- und Monitoring-Konzept erarbeitet worden. „Die Sicherheit der DB-Anlagen wird über alle Bauphasen hinweg gewährleistet sein“, sagte ein Bahnsprecher der taz.

Das Eisenbahnbundesamt sei im Bauantragsverfahren um Stellungnahme gebeten worden. Während das Widerspruchsverfahren gegen die Teilgenehmigung noch laufe, habe die Bahn der Baugenehmigung vom März dieses Jahres nicht widersprochen.

Wie kritisch ein Hochhausbau für die Bahninfrastruktur sein kann, zeigt ein Fall aus Berlin. Am Alexanderplatz wird dort gerade ein 130 Meter hohes Haus errichtet. Sensoren meldeten jetzt, dass das Gleis der benachbarten U-Bahn-Linie 2 mehrere Zentimeter abgesackt ist. Der Bau wurde vorläufig eingestellt.

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