Schuldspruch in Den Haag: „Terminator“ wird verurteilt

Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag spricht den ehemaligen Rebellenführer Ntaganda schuldig. Der Tutsi-Warlord stellte sich 2013.

Bosco Ntaganda geht im Anzug in den Gerichtssaal in Den Haag.

Der ehemailge Rebellenführer Ntaganda betritt den Gerichtssaal in Den Haag Foto: ap

BERLIN taz | „Terminator“ nennen Bosco Ntaganda seine Gegner im Kongo, wegen seiner Brutalität. „Ich bin ein Revolutionär“, sagt der einstige Rebellenführer über sich selbst. Unter anderem wegen Mord und Vergewaltigung hat der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag den 45-Jährigen am Montag schuldig gesprochen.

Ntaganda gehört zu der Generation, die der Völkermord an Ruandas Tutsi 1994 geprägt hat und die sich seitdem dem Kampf gegen alle widmen, die sie mit der Täterseite assoziieren. Für ihre eigenen Gemeinschaften sind sie Helden, für ihre Gegner Monster.

Als Enias Ntaganda wurde er nach eigenen Angaben am 5. November 1973 geboren, in der Berggemeinde Kinigi in Ruanda direkt an der kongolesischen Grenze, in eine Familie kongolesischer Tutsi. Noch als Kleinkind zog er zu den Großeltern in Ngungu in Ostkongos Masisi-Bergen, wo er auch zur Schule ging. Ruanda wurde damals von Hutu beherrscht, viele Tutsi lebten im Exil.

Ewige Wiederholung der Geschichte

Als Exiltutsi in Uganda 1990 die Guerilla Ruandische Patriotische Front (RPF) gründeten und in Ruanda einmarschierten, schloss Ntaganda sich an. Der 17-Jährige landete in einem RPF-Aubildungslager an der Grenze zwischen Uganda und Tansania, nahm den Namen Bosco an und stieg selbst zum Ausbilder auf. Er war dabei, als die RPF im Juli 1994 das Hutu-Regime in Ruanda stürzte, das ab April den Völkermord an den Tutsi organisiert hatte.

1996 war es umgekehrt. Tutsi, die aus dem Kongo nach Ruanda geflohen waren, organisierten sich in einer eigenen Guerilla, um in die Heimat zurückzukehren, die dorthin geflohenen ruandischen Völkermordtäter zu verjagen und die Mobutu-Diktatur zu stürzen. Ntaganda war einer der Ausbilder dieser neuen Guerilla, die 1997 im Kongo die Macht übernahm.

Die Geschichte seitdem ist eine ewige Wiederholung. Die Tutsi-Krieger im Ostkongo fühlen sich von den Machthabern in Kinshasa verraten und greifen immer wieder zu den Waffen, immer mit Unterstützung aus Ruanda. Jedes Mal ist Ntaganda dabei. Die Rebellengruppen tragen schillernde Namen: RCD, CNDP, M23.

Seine letzte Rebellengruppe

Eher aus der Reihe fällt da Ntagandas Zeit als Stabschef der Union Kongolesischer Patrioten (UPC) in der Region Ituri, wohin es ihn 2002–03 verschlagen hatte. Aber diese Episode brachte ihm 2006 einen internationalen Haftbefehl ein. Trotzdem wurde er wenige Jahre später Armeegeneral im Kongo. Er residierte luxuriös im ostkongolesischen Goma zwischen internationalen Diplomaten, sehr zu deren Missfallen.

Erst 2012 lenkte Kongos Präsident Joseph Kabila ein und kündigte an, den Haftbefehl zu vollstrecken. Da gründete Ntaganda seine letzte Rebellentruppe, die Bewegung des 23. März (M23), mit der er sogar Goma einnahm. Die M23 spaltete sich, Ntaganda floh 2013 nach Ruanda und stellte sich.

Seitdem sitzt er in Den Haag in Haft, treibt Sport und nimmt Klavierunterricht. Vor Gericht galt er als kooperativ. „Ich bin mit mir selbst im Reinen“, sagte er. Der Schuldspruch dürfte daran nichts ändern.

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