Schutz vor Wuchermieten in Berlin: Hamwa nicht, könnwa nicht

Die SPD-geführte Senatsverwaltung für Stadtentwicklung mauert beim Schutz vor überhöhten Mieten – allen Ankündigungen des Regierenden zum Trotz.

Verkehrssenatorin Schreiner (CDU), Bausenator Gaebler (SPD) und Senatschef Wegner (CDU)

Smile: Verkehrssenatorin Schreiner (CDU), Bausenator Gaebler (SPD) und Senatschef Wegner (CDU) Foto: Annette Riedl/dpa

BERLIN taz | Er würde den Paragrafen gegen Mietwucher im Wirtschaftsstrafrecht „scharf stellen“, hatte Senatschef Kai Wegner (CDU) am Mittwoch angekündigt. Und Verstöße gegen die Mietpreisbremse wolle er auch spürbar ahnden. Motto: Der schwarz-rote Senat als Kämpfer für die Rechte der Mie­te­r:in­nen in der Hauptstadt. Immer sachte mit den jungen Pferden, heißt es dagegen nun aus der SPD-geführten Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen.

Mit Blick auf den „Wucherparagrafen“ könne das Land Berlin grundsätzlich überhaupt nichts machen, teilt Mieterschutzstaatssekretär Stephan Machulik in einer noch unveröffentlichten Antwort auf eine Schriftliche Anfrage der Grünen-Abgeordneten Katrin Schmidberger mit. Das sei Sache der Bezirke, nicht des Senats.

Doch auch den Bezirken seien die Hände gebunden, da Berlin „derzeit über keinen qualifizierten Mietspiegel“ verfüge, „welcher eine wichtige Grundlage für die Verfolgung von Mietpreisüberhöhungen nach Paragraf 5 Wirtschaftsstrafgesetz ist“, so SPD-Politiker Machulik in dem Schreiben, das der taz vorliegt. Zuerst hatte die Berliner Morgenpost berichtet.

Ein neuer qualifizierter Mietspiegel soll erst im Mai 2024 wieder veröffentlicht werden. Ab diesem Zeitpunkt könnten Machulik zufolge „bei mitwirkungsbereiten Mieterinnen und Mietern erfolgsversprechende Fälle mit dem Anfangsverdacht auf eine Mietpreisüberhöhung von den zuständigen Bezirksämtern“ dann auch wieder „geprüft und verfolgt“ werden. So lange sei man machtlos, Mie­te­r:in­nen müssten sich um ihre Rechte eben selbst kümmern.

Grüne kritisieren politisch gewollte Untätigkeit

Katrin Schmidberger hält die Aussage Machuliks, Mietwucher könne zurzeit amtlicherseits nicht verfolgt werden, für nachgerade absurd. „Anders als behauptet, kann Mietwucher auch ohne einen qualifizierten Mietspiegel verfolgt werden“, sagt die Grünen-Sprecherin für Mieten und Wohnen zur taz. Ju­ris­t:in­nen und Mietervereine würden das bestätigen. „Durch diese Antwort demonstriert die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen aka SPD mal wieder ihre politisch gewollte Untätigkeit beim Mieter:innenschutz“, so Schmidberger.

Folgt man dem Haus von Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD), dann wäre tatsächlich auch Wegners Ansage, sich künftig für die Einhaltung der Mietpreisbremse in die Bresche werfen zu wollen, kaum mehr als eine leere Worthülse. So schreibt Gaeblers Staatssekretär Machulik: „Die Beachtung und Prüfung der Einhaltung der zivilrechtlichen Regelungen zur Mietpreisbremse obliegt den Mietvertragsparteien.“ Auch hier gelte also: Der Senat habe leider gar nichts zu melden.

Gleich mit abgeräumt wird von der Senatsverwaltung auch die im schwarz-roten Koalitionsvertrag angekündigte „Einrichtung einer Prüfstelle zur Einhaltung der Mietpreisbremse“. Denn dafür, so Machulik weiter, fehlten die bundesrechtlichen Grundlagen. Und ohne den Bund auch keine Prüfstelle.

Geld und Personal für das neue Amt habe man daher gar nicht erst vorgesehen: „Weil mangels Rechtsgrundlage keine Prüfstelle für zivilrechtliche Mietrechtssachverhalte geschaffen werden kann, wurden im Entwurf des Doppelhaushalts 2024/2025 keine Mittel dafür eingeplant.“

Mietenexpertin Katrin Schmidberger ist sauer. „Dank der SPD bleibt die Ahndung wohl weiterhin ein vollmundiges Versprechen im Koalitionsvertrag, welch Hohn für alle Mieter:innen, die gerade um ihr Zuhause kämpfen und bangen“, sagt die Grünen-Politikerin. Auch wenn Gaebler und seine Verwaltung sich stur stellten: Es brauche endlich „eine willige, schlagkräftige Behörde, um Mietwucher und andere Missstände zu ahnden“, die den Schutz von Mie­te­r:in­nen ernst nehme und als öffentlichen Auftrag verstehe. „Wohnen ist öffentliche Daseinsvorsorge und überhöhte Mieten nicht nur ein privates Problem“, sagt Schmidberger.

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