Schwarz-gelbe Europapolitik: Wettlauf der Kohl-Nachfolger

CDU und Liberale geben sich EU-freundlich, fordern aber harte Maßnahmen wie einen Sparkommissar. Die FDP versucht nebenbei, ihre Euroskeptiker in Schach zu halten.

Ob hier Exkanzler Kohl Angela Merkel verraten hat, wie sie die perfekte Europapolitikerin werden könnte. Bild: dpa

BERLIN taz | Irgendwann zeigt Hermann Gröhe auf ein Bild im Foyer der Berliner CDU-Zentrale. Darauf unterschreibt Konrad Adenauer gerade die Römischen Verträge, die die heutige EU vorbereiteten. "Europa ist für uns eine Sache des Verstandes, aber auch eine Herzensangelegenheit", sagt Gröhe. Darum geht es ihm bei der Vorstellung des Europa-Leitantrags des CDU-Vorstands - den Bogen zu spannen von Konrad Adenauer über Helmut Kohl zu Angela Merkel.

Das 17-seitige Papier mit dem Titel "Starkes Europa - Gute Zukunft für Deutschland" soll auf dem Parteitag im November beschlossen werden. Für die Kanzlerin ist der Antrag extrem wichtig. Er soll die Basis hinter ihrem Kurs versammeln, aber auch Kritiker in der eigenen Partei besänftigen.

Auch die FDP-Führung trieb am Donnerstag die Europaskepsis ihrer Basis um. Der Vorstand um Parteichef Philipp Rösler präsentierte sieben Thesen zur Europapolitik; auch hier ging es um Appeasement.

Doch von vorn: Als sich im August in der CDU Rufe nach einem Sonderparteitag zur Eurokrise mehrten, hatte Merkel eine über 30-köpfige innerparteiliche Kommission gegründet. Dazu gehörten auch Kritiker ihrer Europapolitik, etwa Vorstandsmitglied Philipp Mißfelder.

Nun können die Skeptiker zufrieden sein. Trotz häufiger Betonung, wie wertvoll Europa sei, wartet das Papier mit Härte gegen überschuldete Staaten auf.

So soll aus Sicht des CDU-Vorstands beispielsweise der Europäische Gerichtshof "die Einhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes künftig durchsetzen und Verstöße ahnden". Und sollte ein Land seine Schulden nicht mehr allein beherrschen können, will ihm die CDU einen EU-Sparkommissar an die Seite stellen. Dieser müsse "Durchgriffsrechte" erhalten, "falls der Staat seinen Pflichten nicht nachkommt".

Letzteres wäre ein enormer Einschnitt in die Souveränität der Mitgliedstaaten. Falls Länder wie Griechenland nicht spuren, würde demzufolge ein Sparkommissar das Haushaltsrecht des Parlaments außer Kraft setzen und den Finanzminister entmachten - ein Szenario, bei dem sich nicht nur deutschen Verfassungsrichtern die Haare sträuben dürften. Und eines, das auch Deutschland treffen kann. Die rot-grüne Bundesregierung riss zwischen 2002 und 2005 viermal die Defizitgrenze des Maastrichter Vertrags, künftige Regierungen könnten angesichts billionenschwerer Rettungsschirme schnell vor ähnlichen Problemen stehen.

Gröhe vergleicht die Idee mit der kommunalen Finanzaufsicht in Deutschland. Innerhalb dieser müssen klamme Kommunen ihre Ausgaben von der Landesregierung absegnen lassen, sind also faktisch entmachtet. Gröhe räumt ein: Solches europaweit zu installieren sei "eine Herausforderung".

"Hilfe nur bei Gegenleistung"

Zur selben Zeit präsentierte Rösler in der FDP-Zentrale ein Papier des Bundesvorstands, das in sieben Punkten Europas "Weg zur Stabilitätsunion" umreißt. "Wir sagen nicht nur Nein, wir sagen auch, in welche Richtung es in der Eurozone gehen soll", sagte Rösler. Das Papier sei "ein Bekenntnis zur großen europäischen Idee".

Zugleich soll es in die bei der Eurofrage zerstrittene Partei hineinwirken. Der Text enthält die Vorstandsposition gegenüber dem eurokritischen Flügel um den Abgeordneten Frank Schäffler, der alle permanenten Rettungsmechanismen für den Euro abgelehnt und einen Mitgliederentscheid darüber erzwungen hatte. Bis Weihnachten sollen die Mitglieder beide Positionen abgestimmt haben. Hat sich dann mindestens ein Drittel der Mitglieder an der Abstimmung beteiligt, stellt das Ergebnis die Beschlusslage der FDP dar und kommt einem Parteitagsentscheid gleich.

Stolz verwies Rösler darauf, dass der Vorstand das Papier einstimmig angenommen habe. Nur Schäffler habe sich enthalten.

Die FDP-Spitze bleibt aber schwammig. Sie fordert einen verbindlichen Stabilitätspakt II, der künftige Schuldenkrisen verhindern soll. Alle Eurostaaten bräuchten Regeln, Sanktionen und Schuldenbremsen in ihren Verfassungen. "Wir gewähren Hilfe nur bei Gegenleistung", heißt es darin weiter. "Jede Form von Nothilfe darf nur das letzte Mittel sein, wenn die Stabilität der Eurozone insgesamt in Gefahr ist. Hilfen dürfen nur unter strengen Auflagen gewährt werden, deren Einhaltung ständig überprüft wird."

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