Sinti und Roma-Verbände einigen sich: Auf dem Weg zum Staatsvertrag

Zwei von drei Verbänden der Sinti und Roma wollen künftig kooperieren. Sie fordern mehr Repräsentation von der Bundesregierung.

Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma

Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma in Berlin Foto: photothek/imago

BERLIN taz | Ver­tre­te­r*in­nen der Bundesvereinigung der Sinti und Roma sowie der Sinti-Allianz haben sich auf eine Kooperationsvereinbarung verständigt und erste Eckpunkte für einen Staatsvertrag mit der Bundesregierung vorgelegt. Damit schließen sich erstmals zwei der insgesamt drei konkurrierenden Dachverbände der Minderheit in Deutschland zusammen. Der dritte Verband, der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma, beteiligt sich bisher nicht. Dennoch sprach die Co-Vorsitzende der Bundesvereinigung Kelly Laubinger am Mittwoch von einem „großen Moment“ und einem „historischen Tag“.

Kern der vorgelegten Eckpunkte für den Staatsvertrag ist die Forderung nach einem Gremium, das die Sinti und Roma in Deutschland repräsentiert und bei einem bisher noch unbestimmten Bundesministerium angesiedelt sein soll. Die insgesamt sieben Mitglieder sollen Empfehlungen an den Bundestag aussprechen und Ansprechpartner für die Bundesregierung sein. Ein Sitz im Gremium soll dauerhaft für eine Organisation zugewanderter Sinti und Roma reserviert werden.

Über zwei Fonds soll die Bundesregierung nach den Eckpunkten die Teilhabe von Sinti und Roma fördern. Dabei soll zum einen Geld in Projekte fließen, die gegen den grassierenden Antiziganismus in der deutschen Gesellschaft kämpfen. Andererseits sollen so kulturelle Projekte und Veranstaltungen gefördert werden, etwa Sprachpflege sowie Forschungsprojekte zu Geschichte und Tradition der Sinti und Roma. Insgesamt fordern die Sinti und Roma Verbände dafür jährlich zwölf Millionen Euro vom Bund.

Die Eckpunkte sehen außerdem vor, dass ein Museum zur Geschichte der Sinti und Roma in Deutschland eingerichtet wird. Vorbild ist dabei das jüdische Museum in Berlin. Die Verantwortung soll die Bundesregierung übernehmen, der Ausstellungs-Inhalt soll in Abstimmung mit den Verbänden erfolgen. Zudem soll sich die Bundesregierung zu verstärkter Förderung der Erforschung von Antiziganismus verpflichten.

Museum zur Geschichte der Sinti und Roma

Auf dieser Grundlage wollen die Bundesvereinigung der Sinti und Roma sowie die Sinti-Allianz nun unverzüglich in Verhandlungen mit der Bundesregierung, genauer mit dem Bundesinnenministerium unter Nancy Faeser, treten.

Mit Staatsverträgen regelt die Bundesregierung ihr Verhältnis zu verschiedenen Minderheiten in Deutschland. Mit dem Zentralrat der Juden wurde ein solcher Vertrag erstmals 2003 abgeschlossen, zuletzt wurde er im April 2023 angepasst und verlängert. Auf Bundesebene gibt es bisher keinen solchen Vertrag mit den verschiedenen Sinti und Roma-Verbänden, auch weil die untereinander zerstritten waren und teils weiterhin sind. Baden-Württemberg, Bayern und Hessen haben allerdings bereits separate Staatsverträge mit dem Zentralrat Deutscher Sinti und Roma abgeschlossen.

Kaum eine andere Minderheit wird in Deutschland so stark diskriminiert wie Sinti und Roma. Immer wieder zeigen Untersuchungen in der deutschen Gesellschaft starke Vorurteile gegenüber ihnen. Auch in der Erinnerung an die Opfer Nazi-Deutschlands spielen Sinti und Roma oft eine nachgeordnete Rolle. Die Deutschen ermordeten bis 1945 im Porajmos genannten Völkermord hunderttausende Sinti und Roma in ganz Europa.

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