Spannungen mit China: Peking lädt Steinbrück aus

Die chinesische Führung rächt sich erneut für Merkels Empfang des Dalai Lama im Kanzleramt und lässt ein Treffen der Finanzminister platzen. Die Bundesregierung gibt sich gelassen.

Wieder ausgeladen: Finanzminister Peer Steinbrück darf nicht nach China. Bild: dpa

BERLIN taz Für den seit Monaten vereinbarten Chinabesuch von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) ist bei seinem Amtskollegen in Peking kein Termin frei. Deshalb hat Steinbrück laut einem Ministeriumssprecher gleich die ganze Reise abgesagt, die ihn im Dezember auch nach Japan und Südkorea bringen sollte. Die Brüskierung Steinbrücks ist die letzte zahlreicher Maßnahmen, mit denen China auf Merkels Treffen mit dem Dalai Lama im September reagiert.

Peking wertet das im Exil lebende Oberhaupt der Tibeter als Separatisten und das Treffen als Tabubruch. Chinas Regierung bestellte deshalb schon zweimal den deutschen Botschafter ein. Zwei Treffen des deutsch-chinesischen Rechtsstaatsdialogs sagte Peking ab, ein Treffen der Außenminister ließ es verschieben. Und kürzlich wurde eine Wirtschaftskonferenz in Frankfurt von China boykottiert.

Die Brüskierung Steinbrücks, die einer Ausladung gleichkommt, zeigt, dass sich Chinas Regierung, anders als von Berlin erhofft, nicht so schnell beruhigt. Offenbar will China ein Exempel statuieren und wertet den Empfang des Tibeters nicht als Einzelfall, sondern als Beleg für einen Politikwechsel.

Wenig erfreut war Peking bereits über Merkels Menschenrechtskritik während ihres Chinabesuchs Ende August. Die Kanzlerin unterschied sich darin von ihrem Vorgänger Gerhard Schröder, der Menschenrechte außerhalb des deutsch-chinesischen Rechtsstaatsdialogs nicht ansprach. Merkels Kritik konnte Peking noch mit ihrer ostdeutschen Herkunft erklären und als Worte werten, die auf ein deutsches Publikum zielten. Doch mit dem Empfang des Dalai Lama im Kanzleramt wurde aus Chinas Sicht eine Grenze überschritten. Laut Diplomaten war Peking besonders darüber verärgert, dass Merkel das Treffen bei ihrem Besuch im Sommer nicht angekündigt hatte. Darin unterschied sie sich von US-Präsident George W. Bush, der kürzlich auch den Dalai Lama traf, damit aber niemanden überraschte.

Als Beweis eines Politikwechsels wertet die chinesische Regierung eine von der CDU-Bundestagsfraktion Ende Oktober vorgelegte Asienstrategie und Merkels kürzliche Indienreise. Beide Male wurde Indien deutlich aufgewertet und als Demokratie gepriesen und China direkt oder indirekt kritisiert.

Da es in Berlins Chinapolitik einen Dissens zwischen Kanzlerin und Außenminister gibt, will Peking jetzt Merkel wieder auf den alten, von Außenminister Frank-Walter Steinmeier favorisierten Kurs zwingen. Ein Regierungssprecher in Berlin versuchte gestern, den Disput mit Peking demonstrativ niedrigzuhängen. Die Regierung hofft weiter, dass die Zeit die Wunden heilt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.