Sprachgesetz in Kirgistan: Emanzipation von Russland

In Kirgistan, wo viele Russisch sprechen, sollen sehr gute Kenntnisse der Staatssprache Kirgisisch Pflicht werden. Das sorgt für Kritik aus Moskau.

Der kirgisische Präsident und seine Familie nehmen traditionell gekleidet an Feierlichkeiten zum Neuen Jahr in Bischkek teil

Der kirgisische Präsident hier mit seiner Familie legt Wert auf Traditionen und jetzt auch auf die kirgisische Sprache Foto: Vladislav Nogai/imago

BERLIN taz | Staatsbedienstete in Kirgistan, die nicht fließend Kirgisisch sprechen, laufen nun Gefahr, gefeuert zu werden. „Sie haben drei bis vier Jahre Zeit gehabt, Kirgisisch zu lernen. Wenn sie fleißig gewesen wären, hätten sie das in sechs Monaten geschafft. Doch jetzt sind alle Fristen abgelaufen“, sagte der Vorsitzende des Nationalen Komitees für die Staatssprache, Kanybek Osmonaliew.

In dem zentralasiatischen Land mit rund 6,7 Millionen, das als Verbündeter Russlands gilt ist Russisch weit verbreitet. Für viele ethnische Kir­gi­s*in­nen ist es ihre erste Sprache. Vor Kurzem hatte Präsident Sadyr Dschaparow ein Sprachengesetz unterzeichnet. Dieses sieht den Gebrauch des Kirgisischen in zahlreichen Bereichen vor – etwa in allen Behörden, dem Parlament, in den Gerichten, der Armee sowie in Wissenschaft und Kultur. Darüber hinaus müssen 60 Prozent aller Beiträge auf Fernseh- und Radiokanälen, egal ob staatlich oder privat, in kirgisischer Sprache gesendet werden.

Ausgerechnet Russlands Außenminister Sergei Lawrow meinte, sich zu dem neuen Gesetz äußern zu müssen. Als diese Idee zum ersten Mal aufgetaucht sei, habe Moskau seine kirgisischen Freunde gewarnt, dass das Vorhaben, alle Beamten zu verpflichten, die kirgisische Sprache zu beherrschen und in ihr zu arbeiten, nicht ganz demokratisch sei. Leider seien seine Bemühungen erfolglos gewesen, das Parlament habe das Dokument trotzdem angenommen, zitiert das russischsprachige Webportal Nastojaschee vremja Lawrow.

Diese Einlassung wollte wiederum Staatschef Dschaparow nicht unkommentiert lassen. Offensichtlich habe Lawrow das Gesetz nicht richtig gelesen. Darin sei nichts Diskriminierendes. Russisch behalte seinen offiziellen Status, so stehe es auch in der Verfassung.

Kampf für Unabhängigkeit

Zudem werde Russisch als Verkehrssprache sowohl im postsowjetischen Raum, als auch bei offiziellen Besuchen in China, dem Nahen Osten und Europa, weiter wichtig bleiben. Dennoch müssten kirgisische Beamte ihre Sprache perfekt beherrschen. „Schauen Sie sich an, wie unsere Staatsbeamten und Abgeordneten sprechen: halb auf Russisch, halb auf Kirgisisch. Keiner von uns spricht fließend Russisch oder Kirgisisch“, sagte Dschaparow.

Lawrows Ausführungen waren auch Thema in den sozialen Netzwerken. „Der Außenminister und andere unter Präsident Wladimir Putin reden, als sei Kirgisien ihre Provinz. Die sollen sich nicht in unsere inneren Angelegenheiten einmischen“, schreibt ein Nutzer. Und ein anderer: „Das ist dieser Wunsch zu beeinflussen, zu unterwerfen. Ich glaube, dass heute die nächste Etappe des Kampfes für unsere Unabhängigkeit begonnen hat.“

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