Steigende Bodenpreise: Kampf gegen Heuschrecken

Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer will ein Vorkaufsrecht für kleine Landwirtschaftsbetriebe auf Äcker und Wiesen. So sollen Großinvestoren behindert werden.

Kein Platz für Großinvestoren:Niedersachsen will Familienbetriebe beim Kauf von Äckern bevorzugen Foto: dpa

HANNOVER taz | Sofamelken nennt es Niedersachsens Landwirtschaftsminister Christian Meyer (Grüne), wenn ein Investor einen Acker oder eine Weide an einen Bauern verpachtet und dann jedes Jahr mehr Geld mit der Erhöhung der Pacht macht, während der Landwirt schuftet. In den vergangenen Jahren ist die Pacht im Schnitt um zehn Prozent gestiegen. Auch der Anteil der Nicht-Landwirte, die Agrarflächen gekauft haben, steigt. Meyer will beides eingrenzen. Sein Entwurf für ein neues Grundstücksverkehrsrecht wird nächste Woche vom Kabinett ins Parlament eingebracht und wäre bundesweit der erste seiner Art.

Meyer will eine Pacht- und Kaufpreisbremse für Agrarflächen – ähnlich der Mietpreisbremse in großen Städten. Von 2007 bis 2015 sind die Kaufpreise für Äcker und Weiden in Niedersachsen um 126 Prozent gestiegen. Gerade in tierhaltungsintensiven Regionen wie Cloppenburg, Vechta oder dem Emsland explodieren die Preise. „Immer weniger Landwirte haben das Geld, um sich Flächen zu kaufen“, sagt Meyer.

Er will, dass ein Kaufvertrag nicht mehr als 30 Prozent über dem ortsüblichen Niveau liegen darf. Das gleiche gilt für Pachtverträge. Doch woher die Daten nehmen? Schon seit 1985 müssen die Kaufparteien den zuständigen Grundstücksverkehrsausschuss informieren, wenn sie Agrarflächen veräußern oder verpachten (siehe Kasten). Der lokale Ausschuss erteilt dann die Genehmigung oder wird diese in Zukunft verweigern, wenn der Preis die 30 Prozent überschreitet.

Weil die Transaktionen den Behörden bisher aber oft verschwiegen wurden, will Meyer hohe Bußgelder einführen. Verschweigen die Beteiligten beispielsweise einen Pachtvertrag und ist dieser auch noch zu teuer, kann auf den Landbesitzer eine Strafe von bis zu 100.000 Euro zukommen. „Das wird eine abschreckende Wirkung haben“, hofft jedenfalls der Minister.

Das Grundstücksverkehrsgesetz regelt den Verkauf landwirtschaftlicher Flächen. Durch diesen staatlichen Eingriff soll ein Ausverkauf der Flächen verhindert und bäuerliche und forstwirtschaftliche Betriebe sollen erhalten werden.

Der Erhalt landwirtschaftlicher Flächen soll außerdem die Umwelt schützen und die Ernährungsvorsorge der Bevölkerung sichern.

Einer behördlichen Genehmigung bedarf es schon jetzt, um landwirtschaftliche Flächen zu verkaufen. Oft wurden die Eigentümerwechsel aber nicht gemeldet.

Das neue niedersächsische Gesetz sieht daher nun hohe Bußgelder vor, wenn Verkäufe oder Verpachtungen ohne behördliche Genehmigung stattfinden.

Ein weiteres Problem sei, so Meyer, dass momentan nur 47 Prozent der Flächen in Niedersachsen den Bauern gehörten, die sie bewirtschafteten. Die übrigen 53 Prozent seien verpachtet.

Mit der Gesetzesnovelle will Meyer vor allem kleinere bäuerliche Betriebe stärken. Diese müssten gegenüber Großinvestoren eine privilegierte Position bekommen. Konkret bedeutet das, dass es eine rechtliche Grundlage für ein Vorkaufsrecht geben soll. Will ein Besitzer sein Land an einen Nicht-Landwirt, etwa eine Bank, eine Versicherung oder einen marktbeherrschenden Großbetrieb verkaufen, bekämen zukünftig örtliche Betriebe zum gleichen Preis den Vorzug. Interessieren sich mehrere Bauern, bekommt der Pächter den Zuschlag. Auch Jungbauern, Ökobetriebe oder Quereinsteiger werden bevorzugt.

Helmut Dammann-Tamke sieht zwar „das hehre Ziel“ des Ministers, doch die Ausgestaltung sei von „Juristen gemacht, die vom praktischen Wirtschaften keine Ahnung haben“. Der CDU-Abgeordnete ist selbst Landwirt. Die hohen Preise seien keine Folge davon, dass Investoren Äcker kauften. Anders als in Mecklenburg-Vorpommern gebe es in Niedersachsen keine großen zusammenhängenden Flächen, die finanziell interessant seien. „Das Land hier ist ein Flickenteppich“, sagt er.

Das Problem sei vielmehr, dass Betriebe, die Tiere hielten, Ausgleichsflächen bräuchten, um den Dünger auszubringen oder Bioenergie-Produzenten Felder für den Maisanbau. Der Pachtmarkt habe erst richtig angezogen, „als Biogasanlagen wie Pilze aus dem Boden geschossen sind“, sagte Dammann-Tamke.

Kritik kommt auch vom Landvolk. Zukünftig habe die landeseigene Niedersächsische Landgesellschaft (NLG) eine „ordnungspolitisch unvertretbar große Umverteilungskompetenz für landwirtschaftlichen Grund und Boden“. Denn auch für die NLG ist ein Vorkaufsrecht vorgesehen, wenn es keine Kleinbauern gibt, die eine Fläche kaufen wollen.

Minister Meyer lässt das nicht gelten. Die CDU selbst habe den Schutz bäuerlicher Betriebe gefordert. „Es stört sie nur, dass das ein grüner Minister umsetzt.“

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