Streit um Bayer-Pipeline: Gefährliche Gas-Leitung

Das Düsseldorfer Verwaltungsgericht kritisiert das Verfahren zum Bau für die umstrittene Kohlenmonoxid-Pipeline. Die Erdbebensicherheit sei nicht ausreichend geprüft worden.

Der Landwirt Heinz-Josef Muhr klagt gegen die Bayer-Pipeline. Bild: dpa

DÜSSELDORF dpa | Im Prozess um die umstrittene Kohlenmonoxid-Pipeline des Bayer-Konzerns hat das Düsseldorfer Verwaltungsgericht das Genehmigungsverfahren offen kritisiert. Die Richter warfen der Düsseldorfer Bezirksregierung vor, die Erdbebensicherheit der Pipeline nicht ausreichend geprüft zu haben. Den Versuch, dies im Rahmen eines Beweisantrags nachzuholen, lehnte das Gericht am Dienstag ab. Solche Feststellungen seien nicht vom Gericht zu treffen, sondern von der Behörde im Rahmen ihrer Ermittlungspflicht.

Die Vertreter der Bezirksregierung wiesen den Vorwurf zurück. Alle notwendigen Daten zur Erdbebensicherheit seien frei verfügbar und hätten vom gerichtlich bestellten Gutachter genutzt werden können. Dieser widersprach. Eigene Messungen vor Ort seien notwendig, weil diese besser seien als allgemeine Daten zur Boden-Beschaffenheit.

Die Parteien streiten sich über das Phänomen der Bodenverflüssigung, das bei Erdbeben auftreten kann. Bei hohen Grundwasserständen und bestimmten Böden kann sich der Untergrund bei einem Erdbeben derart verflüssigen, dass darin sogar Gebäude versinken. Unklar blieb, ob sich solche gefährdeten Böden im Trassenverlauf befinden.

Weniger Probleme mit den Pipeline-Plänen hatte der vom Gericht bestellte Sachverständige für die Materialeignung. Aus seiner Sicht seien ausreichend hohe Sicherheitsaufschläge eingeplant, sagte Professor Bernd Isecke von der Bundesanstalt für Materialforschung in Berlin. So sei das Pipeline-Rohr 80 Prozent stärker als eigentlich notwendig. Damit seien auch etwaige Schwächen bei der Bauausführung berücksichtigt.

Befürworter: Pipeline dient Allgemeinwohl

Die verwendeten Sicherheitseinrichtungen etwa zum Absperren der Pipeline bei einer Leckage seien "Stand der Technik". Die Pipeline-Befürworter bezifferten den volkswirtschaftlichen Effekt durch das unterirdische Rohr am Dienstag auf 4,2 Milliarden Euro. Arbeitsplätze am Standort Nordrhein-Westfalen würden durch das Projekt gesichert, der Kohlendioxid-Ausstoß werde gesenkt, auch die Umweltbilanz sei positiv. Damit diene die Pipeline eindeutig dem Allgemeinwohl, wie es auch der nordrhein-westfälische Landtag gesehen habe.

Seit Montag steht die umstrittene Kohlenmonoxid-Pipeline des Bayer-Konzerns im juristischen Kreuzverhör. Das Düsseldorfer Verwaltungsgericht verhandelt im Hauptverfahren über zwei Klagen gegen die Pipeline. Weitere 40 sind noch anhängig. Die Rohrleitung liegt bereits unter der Erde, doch dem Bayer-Konzern ist die Nutzung bislang untersagt.

Die 67 Kilometer lange Trasse verbindet die Bayer-Werke in Dormagen und Krefeld-Uerdingen. Im einen Werk fällt Kohlenmonoxid an, im anderen wird es für die Kunststoff-Produktion benötigt. Zwei Privatleute haben gegen das Planfeststellungsverfahren geklagt. Sie fürchten verheerende Folgen, falls durch ein Leck das hochgiftige Gas austreten sollte: "Drei Atemzüge, dann tritt der Tod ein." Bürgerinitiativen haben mehr als 110 000 Protest-Unterschriften gesammelt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.