TTIP-Abkommen für den Freihandel: Mehr US-Einfluss in Europa

Erhalten Unternehmen aus Übersee ein Mitspracherecht bei EU-Gesetzen? Die dritte Verhandlungsrunde startet in Washington.

Im Herbst 2014 soll der Freihandelsvertrag ausgehandelt sein Bild: dpa

BRÜSSEL taz | Pünktlich zu Beginn der dritten Runde der umstrittenen Freihandelsgespräche EU-USA (TTIP) in Washington sind am Montag neue brisante Details durchgesickert. Offenbar streben die Europäer die Schaffung eines transatlantischen „Regulierungsrats“ an, der die Gesetzgebung auf beiden Seiten des Atlantiks koordinieren soll.

Damit würden europäische Lobbyisten und amerikanische Konzerne noch mehr Einfluss auf EU-Gesetze erhalten, fürchtet das Brüsseler Corporate Europe Observatory (CEO), das den Entwurf veröffentlicht hat. TTIP ist hoch umstritten. Kritiker rügen vor allem, dass die Verhandlungen hinter verschlossenen Türen stattfinden. Viele Experten fürchten, dass Standards gesenkt werden. Bei den Gesprächen soll es in dieser Woche unter anderem um Dienstleistungen, Energie und Investitionen gehen. Im Herbst 2014 soll der Vertrag ausverhandelt sein.

Schon jetzt wird die Industrie vor jedem EU-Gesetz konsultiert. Doch das nun veröffentlichte „Positionspapier“ der EU-Kommission zu TTIP geht viel weiter. Der Vorschlag sieht regelmäßige Treffen zwischen US-Kongress und Kommission vor. Neue Regulierungen etwa zum Umwelt- oder Verbraucherschutz sollen danach bereits in der Planungsphase mit den Amerikanern abgesprochen werden – inklusive Vetorecht.

Zwar soll Brüssel das Recht behalten, neue Gesetze zum Schutz von Umwelt- und Sozialstandards einzubringen. Der Vorschlag sieht aber ausdrücklich vor, „negative Folgen für den internationalen und insbesondere den transatlantischen Handel (zu) vermeiden“. Zudem sollen die Kosten neuer EU-Regeln für die Industrie gering gehalten werden.

„Dieser Entwurf bringt Businessvertreter an einen Tisch mit den Gesetzgebern“, kritisiert CEO-Forscher Kenneth Haar. Er werde nicht nur die demokratische Debatte etwa über Umwelt- oder Gesundheitsschutz aushebeln. „Das größte Problem ist, dass am Ende eine große Deregulierungsoffensive stehen wird.“

Am Montag wurde zudem eine neue Initiative des mächtigen Industrielobby-Clubs European Roundtable of Industrialists (ERT) bekannt. Der ERT forderte, den „komplexen regulatorischen Rahmen“ der EU abzuschaffen, der Innovationen verhindere und das Wachstum bremse. TTIP wird zwar nicht ausdrücklich erwähnt. Lobbyisten und Freihändler ziehen aber hier offensichtlich am selben Strang.

Allerdings stoßen Europäer und Amerikaner mit ihren Plänen auf Widerstand. In Brüssel macht man sich zunehmend Sorgen, dass die Enthüllungen von Edward Snowden über den NSA-Spionageskandal auch das TTIP-Abkommen ausbremsen könnten. Zuletzt hatte sogar Kanzlerin Angela Merkel (CDU) Zweifel an den Freihandelsgesprächen geäußert.

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