Teilhabe zu teuer für Arme : Stadtticket wird nicht sozialer

Bremen hat ein Stadtticket, doch die Mobilitäts-Schere vergrößert sich. Eine Übertragbarkeit des Tickets wäre ein guter Ausweg gewesen.

Die Nachfrage nach der Tram könnte größer sein - wenn auch Ärmere sich ihre Nutzung leisten können. Bild: DPA

Die Verkehrsdeputation lehnt eine Erweiterung des Stadttickets, mit dem beispielsweise Hartz IV-EmpfängerInnen verbilligt Bus und Bahn fahren können, ab. Insbesondere die vielfach geforderte Übertragbarkeit des Tickets sei zwar „wünschenswert“, befand die Deputation auf ihrer jüngsten Sitzung, finanziell aber nicht leistbar.

Vor vier Jahren war das Stadtticket, das andernorts Sozialticket heißt, nach jahrelangen Diskussionen von der rot-grünen Koalition in Bremen eingeführt worden. Dessen Nutzerzahlen steigen stetig, allerdings auch der Preis: Nach den in der Regel halbjährlich vorgenommenen Erhöhungen kostet ein Kinder-Stadtticket mittlerweile 24,30 Euro, das für Erwachsene 30,70. Die in als Regelbedarfe vorgesehenen Sätze für Mobilität übersteigt das dramatisch.

Die Fraktion der Linkspartei fordert daher Nachverhandlungen des Senats mit der BSAG, mit dem Ziel, durch eine Übertragbarkeit des Tickets soziale Härten zu mindern. Doch die Verkehrsdeputation, der sowohl die Spitzen des Verkehrsressorts als auch VertreterInnen der Bürgerschaft angehören, verweist darauf, dass das Stadtticket eine freiwillige Sozialleistung der Stadtgemeinde sei und schon jetzt „eine erhebliche Anstrengung“ bedeute. In Zahlen: Für 2014 und 2015 sieht der kommunale Haushaltsentwurf jeweils rund 2,8 Millionen Euro für die Finanzierung des Stadttickets vor. Hinzu kommt eine Eigenbeteiligung der BSAG von einer halben Million Euro pro Jahr.

Aber verursacht eine Übertragbarkeit tatsächlich faktische Mehrkosten in verheerendem Ausmaß? Sowohl die Mehrbelastung der Verkehrsmittel als auch Mindereinnahmen wegen gemeinsamer Ticketnutzung würden sich vermutlich in einigermaßen engen Grenzen halten – da es nicht um eine gleichzeitige Mehrfachnutzung des Tickets geht. Stadttickets könnten auch nicht außerhalb des Berechtigten-Kreises kursieren, da sie nur in Verbindung mit einer speziellen Kundenkarte der BSAG gilt. Die können Bezieher von SGB II-Leistungen beantragen.

Die Verkehrsdeputation pocht trotzdem auf formale Kriterien: Ausnahmslos alle Zeitfahrkarten mit besonderen Preisvorteilen wie Jobticket oder das Jugendfreizeitticket seien personengebunden. Da dürfe das Stadtticket keine Ausnahme machen. Und ebenso wie die Finanzierung der Normal-Monatstickets – das gegenwärtig 56,70 Euro kostet – regelmäßige Preissteigerungen erfordere, müsse auch das Stadtticket sukzessive verteuert werden. Angesichts der zu erwartenden weiteren Nutzungszuwächse sei das Angebot sonst nicht weiter zu finanzieren.

Diese Argumentation blendet freilich aus, dass eine bessere Auslastung des ÖPNV dessen Rentabilität steigert. Denn auch Stadtticket-Nutzer, für die ja keine zusätzlichen Fahrzeuge bereit gehalten werden, tragen durchaus zum Kostendeckungsgrad bei. Zudem bleibt unbeachtet, dass die für Mobilität vorgesehenen Regelbedarfe keineswegs in dem Maß angehoben werden, wie die BSAG mit ihren Preisen anzieht. Mit anderen Worten: Auch mit dem Stadtticket öffnet sich die Mobilitäts-Schere weiter.

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