Tödlicher Nato-Angriff: Pakistan boykottiert Bonn-Konferenz

Aus Empörung über den Nato-Angriff will die pakistanische Regierung der Bonner Konferenz zur Zukunft Afghanistans fernbleiben. Merkel ist "sehr betrübt".

Protestzug gegen die Nato in Lahore. Bild: dapd

BERLIN taz | Die pakistanische Regierung nimmt nicht an der für nächsten Montag in Bonn geplanten internationalen Afghanistan-Konferenz teil. Dies erklärte am Abend das Büro von Premierminister Yousaf Raza Gilani. Der Beschluss war zuvor auf einer Sondersitzung des Kabinetts in der ostpakistanischen Stadt Lahore gefällt worden.

Mit dem Boykott der Konferenz, die Afghanistans Zukunft nach dem Abzug der internationalen Kampftruppen 2014 diskutieren soll, reagiert Islamabad auf einen Nato-Luftangriff auf zwei pakistanische Posten an der Grenze zu Afghanistan. Dabei starben am Samstag 24 pakistanische Soldaten, 13 wurden verletzt.

Pakistan hatte daraufhin bereits den Nachschub für die Nato in Afghanistan über sein Territorium gestoppt. Pakistan kündigte auch dem US-Militär die Nutzung der Basis Schamsi in Belutschistan, die es für umstrittene Drohneneinsätze nutzt. Das US-Militär muss Schamsi in 15 Tagen räumen.

Über den Beschuss der Grenzposten gibt es widersprüchliche Versionen. Nach US- und zum Teil afghanischen Angaben hätte die Nato feindlichen Beschuss erwidert, nachdem sie sich vorher erkundigt hatte, dass kein pakistanisches Militär vor Ort sei.

Laut Pakistan griff die Nato die Grenzposten mit Kampfhubschraubern und -flugzeugen ohne Provokation vorsätzlich an. Davon sei auch trotz Aufforderungen nicht abgelassen worden.

Eine Falle der Taliban?

Das US-Militär hat inzwischen eine Untersuchung angeordnet und Pakistan und Afghanistan aufgefordert, sich daran zu beteiligen. In den USA wird spekuliert, die Nato-Truppen könnten mit ihrem Angriff in eine Falle der Taliban getappt sein. In Pakistan kam es seit dem Wochenende täglich zu Demonstrationen gegen die USA.

Die Beziehungen zwischen den beiden Ländern haben einen neuen Tiefpunkt erreicht. Pakistans Premier Gilani hatte dem US-Sender CNN gesagt, seine Regierung könne nicht zur Normalität zurückkehren.

Bundeskanzlerin Angela Merkel bedauerte Pakistans Absage. Sie sei "sehr betrübt", sagte sie laut AFP. Die Bundesregierung wolle jetzt prüfen, "ob das noch revidiert werden kann". Nato-Truppen haben auch in Afghanistan wiederholt Zivilisten oder verbündete Soldaten getötet.

Am Dienstag meldete der Gouverneurssprecher in Kandahar, drei Dorfbewohner seien von einem Nato-Helikopter getötet worden. Vor einer Woche starben in Kandahar sechs Kinder bei einem Nato-Angriff.

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