US-Wahlkampf Biden gegen Trump: Fernduell an der US-Südgrenze

Illegale Grenzübertritte in die USA sind auf einem Rekordniveau und ein beliebtes Wahlkampfthema. Biden und Trump reisen deswegen an nach Texas.

Joe Biden, ein alter Mann mit weißen Haaren redet. Er trägt einen dunklen Anzug und ein helles Hemd, ebenso tun das zwei drei Personen im Hintergrund. Auch im Hintergrund: eine Fahne der USA, ein Mensch in Uniform und ien Mensch in dunklem Pollunder.

US-Präsident Biden hält am 29. Februar 2024 eine Rede in Texas Foto: imago

WASHINGTON taz | Der Anstieg unerlaubter Übertritte an der US-mexikanischen Grenze stellt seit Jahrzehnten demokratische wie auch republikanische Regierungen scheinbar vor eine unlösbare Aufgabe. Auch im aktuellen Wahlkampf um die Präsidentschaft machen die Parteien Immigrations- und Asylpolitik zu einem der zentralen Themen. Am Donnerstag reisten Präsident Joe Biden und Ex-Präsident Donald Trump nach Texas, um sich vor Ort dem Thema anzunehmen und ihre unterschiedlichen Lösungsansätze zu präsentieren.

In den vergangenen drei Jahren unter Präsident Biden stieg die Zahl jedoch auf ein neues Rekordniveau. Zwischen Oktober 2022 und September 2023 stoppte die US-Grenzschutzbehörde CBP mehr als 2,4 Millionen Menschen beim Versuch, unerlaubt in das Land zu gelangen.

Eine Fortsetzung dieses Trends könnte für den 81 Jahre alten Biden im November zu einem großen Problem werden. Er appellierte auch deshalb an die Abgeordneten im US-Kongress, sich der Sache schnellstmöglich anzunehmen. „Wir können nicht mehr länger warten“, sagte Biden nun während seines Auftritts in der texanischen Grenzstadt Brownsville.

Sein Appell richtete sich vor allem an die republikanischen Abgeordneten im US-Repräsentantenhaus, da diese einen im Senat ausgehandelten Gesetzesentwurf für mehr Grenzsicherung aus parteipolitischen Gründen im vergangenen Monat kategorisch abgelehnt hatten.

Asylantrag in den USA braucht Jahre

„Wir müssen handeln. Es ist an der Zeit, dass der Sprecher des Repräsentantenhauses und einige meiner republikanischen Freunde, die den Gesetzesentwurf geblockt hatten, ein bisschen Rückgrat zeigen“, erklärte Biden. Der Gesetzesentwurf, der nach dem Widerstand aus dem Repräsentantenhaus bereits bei einer Abstimmung im Senat gescheitert war, hätte 20 Milliarden US-Dollar in die Grenzsicherung investiert.

Mit dem Geld hätten unter anderem mehr Grenzschützer, mehr Asylbeamte und mehr Richter für Ausländerrecht eingestellt werden können. Damit hätten zumindest die Rückstände in der Bearbeitung von Asylanträgen schneller abgearbeitet werden können. Aktuell dauert es zwischen fünf und sieben Jahren, bis eine Entscheidung über einen Asylantrag gefällt wird.

Laut US-Medienberichten soll Trump persönlich für das Scheitern des parteiübergreifenden Gesetzesantrags verantwortlich gewesen sein. Ob das Gesetz zu einer Verbesserung der Situation geführt hätte, ist unklar, doch es wäre zumindest ein erster Ansatz gewesen, um das kaputte Immigrationssystem der USA zu überarbeiten.

Top-Favorit Trump

Biden wandte sich sogar direkt an Trump und sagte, dass sie zusammenarbeiten sollten, um den Kongress dazu zu bewegen, das parteiübergreifende Gesetz zur Grenzsicherung zu verabschieden.

Mit dessen Hilfe kann Biden allerdings nicht rechnen. Für Trump ist die Migrationskrise entlang der US-Südgrenze und die steigende Unzufriedenheit in der Bevölkerung mit Bidens Handhabung diesbezüglich ein willkommenes Wahlkampfthema.

„Die Vereinigten Staaten werden von der Biden-Migrantenkriminalität überrannt“, sagte der Ex-Präsident während seines Grenzbesuchs.

Nach deutlichen Siegen in allen bisherigen parteiinternen Vorwahlen ist Trump der Top-Favorit auf die erneute Nominierung als republikanischer Präsidentschaftskandidat. Auf seinen bisherigen Wahlkampfveranstaltungen hat Trump, im Fall eines Wahlsiegs, das „größte Abschiebungsverfahren in der Geschichte der USA“ angekündigt.

Täglich riskieren Menschen ihr Leben

Biden und Trump trennten am Donnerstag ein bisschen mehr 300 Meilen (das entspricht etwa 483 Kilometern) voneinander. Trump besuchte die Kleinstadt Eagle Pass, die nach der Übernahme eines Stadtparks durch die texanische Nationalgarde im Januar zum Epizentrum der US-Migrationskrise wurde.

Der Ex-Präsident inspizierte in Begleitung des texanischen Gouverneurs Greg Abbott die militarisierte Anlage entlang des Grenzflusses Rio Grande. Die texanische Regierung hat am Ufer des Flusses meilenweit Stacheldraht installiert und sogar schwimmende Barrieren im Fluss befestigt, um Migranten davon abzuhalten, ins Land zu gelangen. Trotzdem riskieren weiterhin Menschen täglich ihr Leben. Erst am Mittwoch ist ein Mann im Rio Grande ertrunken.

Texas fordert mit der Übernahme des Stadtparks und der Militarisierung der Grenze die Bundesregierung heraus, da Grenzschutz laut der amerikanischen Verfassung die Aufgabe des Bundes ist. Abbott, der den Andrang an unerlaubten Grenzüberschreitungen als „Invasion“ bezeichnet, musste am Donnerstag allerdings einen rechtlichen Dämpfer hinnehmen. Ein Bundesgericht entschied, dass ein umstrittenes neues Gesetz, welches es lokalen Polizeibeamten in Texas erlaubt hätte, Menschen beim Verdacht der illegalen Einwanderung festzunehmen, vorerst nicht in Kraft treten darf.

Trump selbst sprach erneut über die Gefahren, die seiner Meinung nach von offenen Grenzen und illegalen Einwanderern ausgehen. „Die Menschen, die in unser Land kommen, sie kommen aus Gefängnissen, sie kommen aus psychiatrischen Kliniken und sie kommen aus Irrenanstalten und sie sind Terroristen. Sie alle werden in unser Land gelassen. Es ist schrecklich“, sagte der 77-Jährige.

Er erwähnte auch die Ermordung einer 22-jährigen Studentin im US-Bundesstaat Georgia vor etwas mehr als einer Woche, die für große Aufmerksamkeit gesorgt hat. Der mutmaßliche Täter ist ein illegaler Einwanderer aus Venezuela. Biden „hat das Blut unzähliger unschuldiger Opfer“ an seinen Händen, behauptete Trump.

Für Biden ist die Migrationskrise ein ernstes politisches Problem. Für Trump ist es eine Chance, die er sich in Wahlkampf nicht entgehen lassen will.

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Am 3. November 2020 haben die USA einen neuen Präsidenten gewählt: Der Demokrat Joe Biden, langjähriger Senator und von 2009 bis 2017 Vize unter Barack Obama, hat sich gegen Amtsinhaber Donald Trump durchgesetzt.

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