Umstrittene Äußerung über Kohl: Thierse fühlt sich missverstanden

Nach zahlreichen Aufforderungen zum Rücktritt hat Bundestags-Vizepräsident Thierse seine Äußerung über Altkanzler Kohl relativiert - und ihm einen Brief geschrieben.

Helmut Kohls Verhalten "kein Ideal": Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Thierse Bild: dpa

SCHWERIN/ HANNOVER dpa Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) hat eine Äußerung über Altkanzler Helmut Kohl (CDU) nach scharfer Kritik aus der Union bedauert. Der von der Leipziger Volkszeitung zitierte Satz habe zu einem falschen Eindruck geführt, sagte Thierse am Donnerstag in Berlin. Er habe dies Kohl auch in einem Brief mitgeteilt. Die Zeitung hatte ihn mit den Worten zitiert: "Seine Frau im Dunkeln in Ludwigshafen sitzen zu lassen, wie es Helmut Kohl gemacht hat, ist kein Ideal." Mehrere Unionspolitiker verlangten einen Rücktritt. Hannelore Kohl, die Frau des früheren Bundeskanzlers, hatte bereits während dessen Amtszeit unter einer Lichtallergie gelitten und sich 2001 das Leben genommen.

Thierse wies die Unionskritik mit dem Hinweis zurück, bei der von der Zeitung veröffentlichten Darstellung handle es sich um eine "verkürzte und nicht autorisierte" Fassung seiner Äußerungen. Er habe lediglich im Zusammenhang mit dem Rückzug von Vizekanzler Franz Müntefering (SPD) deutlich gemacht, dass es im Spannungsfeld zwischen Politik und Familie keine ideale Lösung gebe. Müntefering nannte als Grund für seinen Rücktritt die schwere Erkrankung seiner Frau.

CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla schrieb in einem Brief an Thierse, sein Verhalten sei dem eines Mitglieds des Deutschen Bundestages unwürdig. Pofalla sprach von einer Entgleisung und forderte eine Entschuldigung. Damit beschädige Thierse "erneut" sein Amt. "In einer unerträglichen Art und Weise vermischen Sie die Bewertung der persönlichen Entscheidung von Franz Müntefering mit dem qualvollen Leiden von Hannelore Kohl." Pofalla zeigte sich "bestürzt und entsetzt".

Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) kritisierte die Worte von Thierse in der in Hannover erscheinenden Neuen Presse als "dümmliche Äußerung" und forderte innerhalb von 24 Stunden eine Entschuldigung. Andernfalls müsse der SPD-Politiker zurücktreten. CSU-Generalsekretärin Christine Haderthauer sagte der Passauer Neuen Presse, es sei "geschmacklos, wie Herr Thierse versucht, aus persönlichen Schicksalen politisches Kapital zu schlagen".

Der FDP-Partei- und Fraktionsvorsitzende Guido Westerwelle sprach von "unterirdischen Äußerungen" Thierses. Die FDP will den Vorgang im Ältestenrat des Bundestages zur Sprache zu bringen.

Unions-Fraktionsvize Hans-Peter Friedrich (CSU) sagte der Schweriner Volkszeitung, "die SPD sollte sich überlegen, ob Herr Thierse der richtige Repräsentant an der Spitze des Parlaments ist". Der Unions-Mittelstandspolitiker Michael Fuchs sagte: "Ich empfinde das als widerlich und bin der Meinung, er muss zurücktreten."

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.